Es gibt wenige Therapiebereiche, in denen Patient:innen so viel Eigeninitiative leisten müssen wie bei medizinischem Cannabis: Sie lesen zahlreiche Studien, informieren sich über die rechtliche Lage und die notwendigen Anträge.
Dabei ist es oft ein langer Weg, Ärzt:innen zu finden, die eine Therapie mit Naturmedizin unterstützen. Auch der erschwerte Zugang zu einer Cannabis-Therapie und die Unsicherheiten der Ärzt:innen erhöhen den Eigenaufwand der Patient:innen.
Doch der Wunsch nach mehr Lebensqualität ist oft so groß, dass die Patient:innen den Aufwand in Kauf nehmen. So auch der Morbus-Crohn-Patient Dominik, der uns von seinen Erfahrungen mit der Cannabis-Therapie berichtet hat.
Erfahre, wie die Therapie seine Lebensqualität beeinflusst hat und welche Hürden er vorher überwinden musste, um einen Zugang zu Cannabisarzneimitteln zu erhalten.
Dominik ist aufgrund seiner Morbus-Crohn-Erkrankung seit acht Jahren Schmerzpatient. Er leidet an einer chronischen Darmentzündung, welche die Nährstoffaufnahme, die Darmfunktion und das Immunsystem stark beeinträchtigen kann. Bei Morbus Crohn kann es außerdem zu Narbenbildungen kommen, welche intensive Schmerzen hervorrufen.
Anfänglich wurde Dominik mit Cortison behandelt, was bei ihm allerdings starke Nebenwirkungen auslöste. Seine Knochen wurden so spröde, dass er sich bei einem Spaziergang den Fuß brach. Bei dem Versuch, das Medikament abzusetzen, hatte er mit Wassereinlagerungen und depressiven Verstimmungen zu kämpfen.
Mit 21 Jahren nahm er schließlich täglich 14 Tabletten ein – und litt trotzdem immer wieder unter schweren Schüben. So richtig geholfen hatte ihm bis dato keine Therapie. Daher schaute er sich nach Alternativen um.
Bei seinen Recherchen stieß Dominik auf eine israelische Studie, in der es um die Behandlung von Morbus Crohn mit Cannabis ging. Daraufhin probierte er es selbst aus und bemerkte eine Verbesserung seines Zustandes: Er hatte weniger Krämpfe und Schmerzen. Also begab er sich auf die Suche nach einem Arzt bzw. einer Ärztin. Dies geschah bereits im Jahr 2015, zwei Jahre bevor medizinisches Cannabis in Deutschland legalisiert wurde.
Erst im Jahr 2017 wurde in Deutschland Cannabis auf Rezept zugelassen. Zuvor konnten Cannabis-Therapien nur mit einer Ausnahmegenehmigung erlaubt werden. Dominiks damalige Ärztin war nicht sonderlich begeistert von der Behandlung mit Cannabis. Sie war davon überzeugt, dass sich der therapeutische Nutzen von Cannabisarzneimitteln auf Krebspatient:innen beschränkt.
Da Dominik aus ärztlicher Sicht keine Unterstützung erhielt, eignete er sich selbst mehr Wissen zu Medizinalcannabis an. Gezwungenermaßen begann er, sich selbst zu therapieren, indem er seine Symptome mit Cannabis vom Schwarzmarkt behandelte.
Einige Jahre später ging Dominik zu einem neuen Arzt, der anhand seiner Befunde und Blutergebnisse feststellen konnte, dass sich sein Krankheitsbild verbessert hat. Die Selbsttherapie hat also angeschlagen. Als 2017 das neue Gesetz verabschiedet wurde, war Dominik sehr glücklich und begab sich direkt auf die Ärzt:innensuche. Allerdings fand er erst im Jahr 2018 ärztliche Unterstützung.
Auch mit der Gesetzesänderung wurde Medizinalcannabis zunächst nicht wirklich zugänglicher. So wurde beispielsweise Dominiks Antrag auf Kostenübernahme von der Krankenkasse abgelehnt. Aus finanziellen Gründen hatte er daher noch immer keinen Zugang zu medizinischem Cannabis und musste weiterhin auf den unregulierten Markt zurückgreifen. 2019 verbesserte sich jedoch der Zugang, sodass Dominik endlich ein offizieller Cannabispatient wurde.
Für Dominik war der limitierte Zugang zur Cannabis-Therapie ein großer Kritikpunkt, ebenso wie die fehlende Kostenübernahme. Letzteres erinnert an eine Zwei-Klassen-Medizin. Schließlich können sich nicht alle Patient:innen die teuren Cannabisarzneimittel leisten.
Dominik berichtet, dass er nun keine Schübe mehr habe und das Cortison ohne die oben beschriebenen Nebenwirkungen absetzen konnte. Die wohl größte Veränderung ist jedoch, dass er sein Leben nun mehr genießen kann. Er muss seine Wege nicht mehr nach der Verfügbarkeit von Toiletten planen und hat somit wieder mehr Freiheiten. Dominik kann wieder arbeiten gehen, Freunde treffen und in den Urlaub fahren – alles Dinge, die für gesunde Menschen selbstverständlich sind, aber für einen Morbus-Crohn-Patienten eben nicht. Seine Lebensqualität hat sich durch die Therapie also deutlich gesteigert.