Cannabis auf Rezept: Tipps für den Therapie-Start
Cannabis gewinnt immer mehr an Bedeutung als medizinische Alternative zu herkömmlichen Arzneimitteln – etwa bei chronischen Schmerzen oder Schlafstörungen. Seit 2017 ist es auf Rezept erhältlich. Mit der Gesetzesänderung 2024 wurde der Zugang weiter erleichtert: Medizinisches Cannabis fällt seither nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Dadurch ist die Verschreibung für Ärzt:innen und die Abgabe in Apotheken deutlich unbürokratischer geworden. Doch viele Fragen bleiben: Wer kann ein Rezept bekommen? Zahlt die Krankenkasse die Kosten? Und welche Hürden gibt es beim Thema Cannabis auf Rezept zurzeit noch? In diesem Artikel geben wir dir einen Überblick, wie der Weg zur Cannabistherapie aussehen kann.
- Ein Cannabisrezept zu bekommen, ist heute einfacher als noch vor einigen Jahren, denn seit April 2024 fällt medizinisches Cannabis nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Dadurch wurde der bürokratische Aufwand deutlich reduziert – sowohl für Ärzt:innen bei der Verschreibung als auch für Apotheken bei der Abgabe.
- Ärzt:innen können Cannabis verschreiben, wenn eine Erkrankung besteht, bei der es als Behandlungsoption in Frage kommt, Standardtherapien nicht den gewünschten Effekt erzielen oder mit belastenden Nebenwirkungen verbunden sind.
- Eine Alternative ist der Prozess über Telemedizin-Plattformen, bei denen Patient:innen nach einer medizinischen Einschätzung oder Videosprechstunde ein Rezept erhalten können.
- Gut zu wissen: Während private Rezepte unmittelbar ausgestellt werden können, hängt die Kostenübernahme durch die Krankenkasse von verschiedenen Faktoren ab.
Wann dürfen Ärzte Medizinal-Cannabis verschreiben?
Nicht jede Erkrankung rechtfertigt eine Behandlung mit Cannabis, doch unter bestimmten Bedingungen kann es als Medikament eingesetzt werden. Ärzt:innen dürfen es verschreiben, wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht – also wenn herkömmliche Therapien nicht ausreichend wirksam waren oder starke Nebenwirkungen verursacht haben.
Häufig wird medizinisches Cannabis bei folgenden Erkrankungen eingesetzt:
- Chronische Schmerzen (z. B. Rheuma, Fibromyalgie, Migräne)
- Neurologische Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Epilepsie, Parkinson)
- Schlafstörungen (z. B. bei Ein- und Durchschlafproblemen, stressbedingter Schlaflosigkeit oder Schlafstörungen im Rahmen anderer Erkrankungen)
- Psychische Erkrankungen (z. B. Angststörungen, Depressionen, ADHS)
- Appetitlosigkeit und Übelkeit (z. B. durch Krebs- oder HIV-Therapien)
- Autoimmunerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
Ob eine Cannabis-Therapie in einem konkreten Fall sinnvoll ist, entscheidet die behandelnde Ärztin oder der Arzt individuell.
Medizinisches Cannabis auf Rezept: Was es zu beachten gilt
Medizinal-Cannabis ist für viele Patient:innen eine wertvolle Therapieoption – doch der Weg zum Rezept wirft oft Fragen auf. Welche Ärzt:innen verschreiben es? Wie läuft die Beantragung ab? Und welche Darreichungsform passt am besten? Sieben Schritte zur Cannabis-Therapie.
1) Den richtigen Mediziner / Die richtige Medizinerin finden
Auch wenn alle Ärzt:innen in Deutschland Cannabis verschreiben dürfen (abgesehen von Zahnärzt:innen), tun es nicht unbedingt alle. Nicht alle Mediziner:innen haben Erfahrung mit der Verordnung von Cannabis oder stehen der Therapie aufgeschlossen gegenüber. Dein:e erste:r Ansprechpartner:in kann deine Hausärztin oder dein Hausarzt sein. Falls dort keine Erfahrung mit Cannabis-Therapien besteht, bieten sich Schmerzmediziner:innen, Neurolog:innen oder Palliativmediziner:innen an. Eine Alternative können Telemedizin-Plattformen sein, die eine Beratung unter anderem per Video anbieten und bei medizinischer Eignung ein Rezept ausstellen können.
2) Gut vorbereitet ins Gespräch gehen
Eine gute Vorbereitung erhöht die Chancen auf eine Verschreibung. Hilfreich ist es, wenn du:
- Eine Liste bisheriger Medikamente und deren Wirkung bzw. Nebenwirkungen mitbringst.
- Ein Symptom-Tagebuch führst, um deine Beschwerden genau zu dokumentieren.
- Wichtige Arztberichte oder andere medizinische Unterlagen bereithältst, um deine Krankheitsgeschichte nachzuweisen. Falls vorhanden.
Je besser du deine Symptome beschreiben kannst, desto gezielter kann deine Ärztin oder dein Arzt die Cannabistherapie planen.
3) Die passende Darreichungsform wählen
Medizinisches Cannabis gibt es in verschiedenen Formen – welche die richtige ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab:
- Cannabisblüten: Sie werden meist mit einem Vaporizer inhaliert und können schnell wirken.
- Cannabis-Öle und -Extrakte: Diese werden oral eingenommen und können eine langsamere, aber länger anhaltende Wirkung bieten.
- Fertigarzneimittel wie Sativex, Dronabinol oder Nabilon: Cannabis-Medikamente enthalten exakt dosierte Cannabinoide und können besonders für Patient:innen geeignet sein, die eine präzise Medikation benötigen.
Besprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, welche Form für dich am besten geeignet ist.
4) Kassenrezept oder Privatrezept?
Wenn deine Ärztin oder dein Arzt eine Cannabis-Therapie empfiehlt, erhältst du ein Rezept – doch es gibt zwei Varianten:
- Kassenrezept: Gesetzlich Versicherte können einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen. Die Bearbeitung kann einige Wochen dauern. Bei Ablehnung kann Widerspruch eingelegt werden.
- Privatrezept: Wer die Kosten selbst trägt, erhält das Rezept direkt und kann es sofort einlösen – ohne Wartezeiten oder bürokratische Hürden.
Welche Option die bessere ist, hängt von der individuellen Situation ab. Wer schnell mit der Therapie beginnen möchte, entscheidet sich oft für ein Privatrezept.
5) Cannabis-Rezept einlösen: Apotheke oder Versand?
Sobald das Rezept vorliegt, kann es in einer Apotheke eingelöst werden:
- Spezialisierte Apotheken vor Ort bieten eine persönliche Beratung und führen oft eine große Auswahl an Blüten, Ölen oder Kapseln.
- Versandapotheken liefern Cannabisprodukte direkt nach Hause – eine diskrete und bequeme Lösung.
Welche Variante die richtige ist, hängt von den individuellen Vorlieben ab.
6) Fortschritte dokumentieren: Ein Therapietagebuch führen
Um die Wirkung und mögliche Nebenwirkungen besser nachvollziehen zu können, lohnt sich ein Tagebuch zur Cannabis-Therapie. Notiere:
- Wie sich deine Symptome entwickeln.
- Welche Dosierung du einnimmst.
- Ob Nebenwirkungen auftreten.
Diese Dokumentation hilft nicht nur deiner Ärztin oder deinem Arzt bei der optimalen Anpassung der Therapie, sondern kann auch bei Anträgen auf Kostenübernahme unterstützend wirken.
7) Die richtige Dosierung finden
Cannabis kann bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich wirken. Deshalb ist es wichtig, die Dosierung langsam anzupassen:
- Beginne mit einer niedrigen Dosis und steigere sie schrittweise, bis du die gewünschte Wirkung erzielst.
- Deine Ärztin oder dein Arzt hilft dir dabei, die richtige Dosis zu finden.
- Geduld ist entscheidend. Die optimale Dosis kann etwas Zeit in Anspruch nehmen.
Fazit: Cannabis als Medikament – einfacher, aber nicht ganz unkompliziert
Medizinisches Cannabis ist heute leichter zugänglich als früher, aber es gibt immer noch einige Hürden. Ärzt:innen entscheiden individuell, ob eine Verordnung sinnvoll ist. Wer eine Therapie mit Cannabis erwägt, sollte sich gut vorbereiten und alle Möglichkeiten – von der Wahl der Ärztin oder des Arztes bis hin zur Kostenübernahme – genau prüfen.
FAQ
Ja, grundsätzlich kann jede Ärztin und jeder Arzt in Deutschland (außer Zahnärzt:innen) medizinisches Cannabis verschreiben. Allerdings haben nicht alle Erfahrung mit der Therapie. Viele Patient:innen wenden sich daher an spezialisierte Ärzt:innen für Schmerzmedizin, Neurologie oder Palliativmedizin. Auch Telemedizin-Plattformen können eine Möglichkeit sein, ein Rezept zu erhalten.
Wie schnell du ein Rezept für medizinisches Cannabis bekommst, hängt davon ab, ob es sich um ein Privatrezept oder ein Kassenrezept handelt. Ein Privatrezept wird meist innerhalb weniger Stunden oder Tage ausgestellt, insbesondere wenn die Beratung über eine Telemedizin-Plattform erfolgt. Da hier keine Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich ist, kannst du das Rezept direkt in einer Apotheke einlösen. Ein Kassenrezept hingegen nimmt mehr Zeit in Anspruch, da die Krankenkasse zunächst die Kostenübernahme prüfen muss. Dieser Prozess kann mehrere Wochen dauern und falls der Antrag abgelehnt wird, verlängert ein möglicher Widerspruch die Wartezeit zusätzlich. Wer die Therapie schnell starten möchte, wählt daher häufig ein Privatrezept, um Verzögerungen zu vermeiden. Allerdings ist das nicht für alle Patient:innen eine Option – denn die Kosten für Medizinalcannabis müssen bei einem Privatrezept selbst getragen werden, was sich nicht jede:r leisten kann.
Ob du während einer Cannabistherapie Auto fahren darfst, hängt von deiner individuellen Reaktionsfähigkeit ab. Auch wenn medizinisches Cannabis legal verschrieben wird, gilt für Patient:innen dieselbe Regel wie für alle anderen Verkehrsteilnehmer:innen: Wer sich nicht fahrtüchtig fühlt, darf nicht fahren. THC kann die Reaktionsgeschwindigkeit und das Urteilsvermögen beeinflussen, insbesondere zu Beginn der Therapie oder bei einer Dosisanpassung. Regelmäßige Einnahme kann unter bestimmten Umständen toleriert werden, wenn keine Fahruntauglichkeit besteht – das bedeutet jedoch nicht, dass man automatisch rechtlich sicher fahren darf. Zudem können Polizeikontrollen problematisch sein, da ein positiver THC-Nachweis im Blut bei Anzeichen einer Beeinträchtigung Konsequenzen haben kann. Patient:innen sollten daher mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen, ob und unter welchen Bedingungen sie am Straßenverkehr teilnehmen können.
Die gesetzliche Höchstgrenze für medizinisches Cannabis in Deutschland liegt bei 100 Gramm Cannabisblüten pro Monat. In Ausnahmefällen kann diese Menge überschritten werden, wenn eine besondere medizinische Notwendigkeit vorliegt. Wie viel Cannabis tatsächlich verschrieben wird, hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören die Art der Erkrankung und die individuellen Symptome, da manche Patient:innen eine höhere oder niedrigere Dosis benötigen. Die gewählte Verabreichungsform – ob Blüten, Öle oder Extrakte – beeinflusst die verschriebene Menge, da sich die Wirkweisen unterscheiden. Die genaue Dosis wird individuell festgelegt.