Mindestens seit 12.000 Jahren wird die Cannabispflanze von Menschen genutzt. Belege hierfür wurden in archäologischen Überresten durch den Biogeographen John M. McPartland gefunden, welche mit deutlicher Evidenz auf den historischen Gebrauch der Cannabispflanze durch den Menschen hinweisen. [1]
Unsere Vorfahren nutzten die Cannabispflanze für verschiedene Zwecke. Die Pflanze diente als Nahrungsquelle, wurde für Textilien aller Art eingesetzt und war oftmals Bestandteil ritueller Zeremonien. Zudem ist nicht auszuschließen, dass Cannabis in der Vergangenheit gegen Schmerzen und Krankheiten aller Art eingesetzt wurde.
Die Cannabispflanze scheint tief in der menschlichen Geschichte und der Behandlung von Krankheiten verwurzelt zu sein. Heute stellt sich die Frage: Könnte Cannabis gegen Schmerzen bei Krebs helfen?
Jährlich erkranken alleine in Deutschland mehr als eine halbe Millionen Menschen an Krebs. Die Therapiemöglichkeiten sind hierbei genauso vielfältig wie das Krankheitsbild selbst.
Seit 2017 darf Cannabis als sogenanntes Cannabisarzneimittel (CAM) in der Schmerztherapie oder als unterstützende Maßnahme z.B. zur Linderung der Nebenwirkungen bei einer Chemotherapie eingesetzt werden, um die Symptomatik der Erkrankung und das Leid der Patienten zu lindern.
Ob Cannabis krebsvorbeugend oder gar krebshemmend wirken könnte, ist nach wie vor umstritten. Entsprechende Studien legen jedoch nahe, dass sich der Einsatz von Medizinalcannabis bei Krebs positiv auf die Lebensqualität auswirken könnte.
Vor 10 Jahren löste der Einsatz von cannabisbasierten Medikationen noch große Kontroversen in der Gesellschaft – heute ist er Usus: Nachweislich könnte Cannabis auf Rezept den Appetit von Krebspatient:innen fördern, die durch typische Begleiterscheinungen ihrer Krebstherapie an Gewichtsverlust leiden.
Außerdem gilt der Einsatz von Medizinalcannabis bei einer Chemotherapie als Übelkeit und Erbrechen reduzierend und soll auch bei krankheitsbedingten Schmerzen, Schlaflosigkeit und Schwindel lindernd wirken.
Zwischen April 2017 und März 2022 führte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Begleiterhebung zum Einsatz von Medizinalcannabis in Deutschland durch. Laut Abschlussbericht des BfArM erhielten in diesem Zeitraum 2.434 Krebspatient:innen ein Rezept für medizinisches Cannabis. [2]
Am häufigsten wurde Krebspatient:innen Dronabinol verschrieben. Dabei handelt es sich um ein cannabisbasiertes Arzneimittel mit Tetrahydrocannabinol (THC) als Einzelwirkstoff. Dronabinol besitzt schmerzlindernde, entzündungshemmende, appetitfördernde und muskelentspannende Eigenschaften, welche Krebspatient:innen bei ihrer Therapie unterstützen können.
Die Einnahme von Dronabinol kann allerdings auch Nebenwirkungen nach sich ziehen. Bei Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen können beispielsweise Risiken bestehen, die individuell mit dem/der behandelnden Ärzt:in abgeklärt werden müssen bevor eine Dronabinol-Therapie zum Einsatz kommen kann. Zudem können Störungen des zentralen Nervensystems, Herzrasen und Übelkeit auftreten.
Bevor Medizinalcannabis als unterstützende Medikation bei einer Krebstherapie eingesetzt wird, wägt der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin die Risiken ab und trifft letztendlich die Entscheidung, ob eine Therapie mit medizinischem Cannabis oder anderen Medikamenten sinnvoller wäre.
Bisher wird Cannabis bei Krebs nur zur Linderung von Nebenwirkungen der Chemotherapie oder von Symptomen wie Schmerzen eingesetzt. Ob Cannabis gegen Krebs hilft, ist wissenschaftlich bis jetzt ungeklärt. Bisher gibt es dazu nur Studien aus dem Reagenzglas sowie an Tieren.
Zudem zeigen manche Studien, dass bestimmte Cannabinoide die Metastasenbildung verringern und krebsresistente Zellen verstärken können.
An Menschen wurden diese Versuche aber noch nicht durchgeführt, weshalb die vorgestellten Studien für Menschen noch keine Gültigkeit besitzen. Lediglich durch klinische Studien an Menschen könnte gezeigt werden, ob Cannabinoide gegen Krebs helfen.
Etwa 10.000 Patient:innen nahmen an einer 2022 veröffentlichten israelischen Studie zur Effektivität von Medizinalcannabis bei Krebs und anderen Krankheiten teil. Die Krankheitsbilder variierten zwischen Lungenkrebs, Darmkrebs, Schmerz induzierten Krankheiten, Autismus, Epilepsie, PTSD und dem Tourette-Syndrom.
Mit 49,1 Prozent erfolgte die Behandlung in der Studie am häufigsten wegen der Symptome einer Krebserkrankung oder der Begleiterscheinungen der Krebstherapie. Zu etwa der Hälfte bestand die Gruppe der behandelten Krebspatient:innen aus Personen, bei denen Nebenwirkungen der Chemotherapie behandelt werden sollten. Bei der anderen Hälfte ging es vordergründig um die Behandlung von Schmerzen.
Insgesamt konnten nach 6 Monaten nur die Ergebnisse von knapp 65 Prozent der Teilnehmer:innen vom Anfang erfasst werden, da Patient:innen verstorben waren, zu einer anderen Cannabis-Klinik gewechselt waren oder nicht den Fragebogen beantwortet hatten.
Die Ergebnisse der Studie besagen, dass eine überwachte Behandlung mit medizinischem Cannabis mit einer hohen Therapietreue, einer Verbesserung der Lebensqualität und einer Verringerung der Schmerzen verbunden ist [3].