Medizinische Cannabisextrakte: Herstellung und Anwendung

Cannabisextrakte werden in Deutschland mittels BtM-Rezept verordnet und ausschließlich von Apotheken als Rezeptur hergestellt und ausgegeben. Wie die medizinischen Extrakte hergestellt und verabreicht werden und welche Wirkung sie erzielen können, erfährst Du im Folgenden.

Arten und Anwendung von Cannabisextrakten

Bei einem Vollspektrum-Extrakt werden aus der Hanfpflanze beispielsweise THC und CBD sowie weitere Phytocannabinoide, Terpene und Flavonoide extrahiert. Dafür können unterschiedliche Extraktionsmethoden zum Einsatz kommen.

Während aus Cannabisextrakten meist ölige Lösungen auf Basis von natürlichen Cannabinoiden hergestellt werden, gibt es mittlerweile auch Cannabisextrakte zum Inhalieren. 

Cannabisextrakte herstellen: Diese Extraktionsmethoden werden angewendet

Wenn aus den Blüten und Blättern der Hanfpflanze ein Extrakt werden soll, gilt es, die Inhaltsstoffe möglichst vollständig und schonend zu extrahieren. In der Regel wird hierfür entweder die CO2-Extraktion oder die Ethanol-Extraktion genutzt. Wie die beiden Standardverfahren ablaufen, erklären wir Dir nachfolgend.

Die CO2-Extraktion

Bei dieser Cannabis-Extraktionsmethode wird das normalerweise gasförmige Kohlenstoffdioxid durch eine Druck- und Temperaturerhöhung in einen flüssigen Zustand gebracht. Daraufhin wird diese Flüssigkeit durch das Pflanzenmaterial gepresst, sodass sich die Cannabinoide und Terpene herauslösen.

Im Laufe der CO2-Extraktion wird der Druck wieder gesenkt. Dadurch wird das CO2 wieder gasförmig und gibt die gelösten Stoffe als Rohöl frei. Im nächsten Schritt kommt es durch eine Temperaturerhöhung zur Decarboxylierung, bei der die inaktiven Carbonsäuren im Rohöl zu bioaktiven THC- und CBD-Molekülen umgewandelt werden. Dieser Schritt ist notwendig, damit die Cannabinoide ihre Wirkung im Körper entfalten können. 

Um das THC und das CBD von den unerwünschten Pflanzenresten zu trennen, folgt ein Reinigungsprozess – die sogenannte Winterisierung. Hierbei wird der Extrakt in Ethanol getränkt und eingefroren. Dadurch lösen sich unerwünschte Stoffe und können herausgefiltert werden. Die Winterisierung spielt eine wichtige Rolle bei der Herstellung und beeinflusst die Qualität der Cannabisextrakte.

Die Cannabis-Extraktion mit Ethanol

Das Prinzip der Ethanol-Extraktion ähnelt dem der CO2-Extraktion. Die Hanfpflanze wird einige Tage in Ethylalkohol eingelegt, sodass er einziehen kann. Nachdem diese Mischung gefiltert wurde, erhält man ein mit CBD und THC angereichertes Ethanol.

Bei der Erhitzung der Mischung verdampft das Ethanol und der Cannabisextrakt kann gewonnen werden. Um den Extrakt zu verfeinern und unerwünschte Pflanzenreste zu entfernen, wird ein Aktivkohlefiltrationsverfahren genutzt.

Anwendung und Dosierung der Extrakte

Medizinische Cannabisextrakte werden hauptsächlich zur oralen Einnahme verschrieben. Dabei wird eine ölige Lösung in Form von Tropfen verabreicht. Mittels einer Pipette kann die Anwendung sehr genau erfolgen. Idealerweise wird der Extrakt direkt unter die Zunge gegeben, um eine schnelle Resorption über die Mundschleimhäute zu erreichen. 

Die Therapie mit Cannabisextrakten startet zumeist mit einer Dosierung von 2,5 bis 5 mg THC am Tag. [1] Die Dosierung kann daraufhin langsam gesteigert werden, bis die optimale Wirkung bei minimalen Nebenwirkungen erreicht wird. Die Verschreibungshöchstmenge der Cannabisextrakte liegt jedoch bei 1.000 mg THC pro Patient:in innerhalb von 30 Tagen (§ 2 Abs. 1a BtMVV).

Seit Juni 2021 sind zudem medizinische Cannabisextrakte zur Inhalation in Deutschland zugelassen.

So ist die Verschreibung von Cannabisextrakten in Deutschland geregelt

Seit 2017 dürfen Ärzt:innen cannabisbasierte Medikamente ohne Ausnahmegenehmigung verschreiben. Dazu gehören neben Cannabisextrakten auch getrocknete Cannabisblüten sowie Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon.

Eine Verschreibung für medizinisches Cannabis erhalten Patient:innen, die an einer schwerwiegenden Erkrankung leiden und bei denen Standard-Therapien nicht angeschlagen haben oder nicht angewendet werden können. Zudem muss die Aussicht auf eine Verbesserung des Krankheitszustandes bzw. der Symptome bestehen. Cannabisextrakte werden auf Rezept von Ärzt:innen verordnet und in der richtigen Dosierung in Apotheken angemischt.

Verschreibungsfähig bedeutet in diesem Fall jedoch nicht erstattungsfähig. Wenn Cannabisextrakte verschrieben werden, ist die Kostenfrage also noch nicht geklärt. Patient:innen können gemeinsam mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin bei der Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Wird der Antrag abgelehnt, können sie Einspruch einlegen oder die Kosten der Therapie aus eigener Tasche zahlen.

Die Wirkung cannabisbasierter Extrakte

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wertete im 2022 veröffentlichten Abschlussbericht seiner Begleiterhebung zahlreiche Behandlungsdaten zu Cannabisarzneimitteln aus. [2]

Die Auswertung ergab, dass die Zahl der Verschreibungen von Cannabisextrakten im Laufe der Begleiterhebung stark zunahm. Während es im ersten Jahr zwischen April 2017 und März 2018 nur 7 Patient:innen verschrieben bekamen, waren es vier Jahre später, zwischen April 2021 und März 2022, 1.610 Patient:innen. 

Verordnet wurden die Cannabisextrakte vorwiegend bei folgenden Erkrankungen:

  • Schmerzen (88,8 %)
  • Neubildungen/Tumore (8,1 %)
  • Spastiken (3,8 %)
  • Multiple Sklerose (3,2 %)
  • Migräne (2,9 %)
  • Depressionen (2,8 %) 
  • Anorexie (1,8 %)

Zu einem Therapieerfolg kam es bei der Mehrheit der Patient:innen. Bei der Verwendung von Cannabisextrakten stellte sich bei 31,5 % eine deutliche Verbesserung ein, während sich der Krankheitszustand von 41,8 % moderat verbesserte und bei 24,4 % unverändert blieb. Bei 1,6 % der Patient:innen verschlechterte sich der Gesundheitszustand moderat und bei 0,6 % deutlich. 

Nebenwirkungen der Cannabisextrakte

Der Abschlussbericht des BfArM befasste sich auch mit den Nebenwirkungen der Extrakte. [2] Am häufigsten traten auf:

  • Müdigkeit (16,1 %)
  • Schwindel (10,7 %)
  • Schläfrigkeit (6,7 %)
  • Aufmerksamkeitsstörungen (4,8 %)
  • Übelkeit und Mundtrockenheit (jeweils 4,7 %)

Es gibt noch einige weitere Nebenwirkungen, diese traten jedoch deutlich seltener auf. 

Über die Schwere der Nebenwirkungen gibt es in der Begleiterhebung keine Angaben. Da die Nebenwirkungen nur selten zu einem Therapieabbruch führten, ist davon auszugehen, dass sie weniger schwerwiegend waren. Insgesamt brachen 30,7 % der Patient:innen die Therapie mit Cannabisextrakt ab. Das entspricht 415 Personen, von denen 128 den Therapieabbruch mit den Nebenwirkungen begründeten.

FAQ

Was ist Cannabisextrakt?

Als Cannabisextrakt bezeichnet man das Ergebnis der Extraktion von Cannabinoiden wie CBD und THC sowie Terpenen und Flavonoiden aus der Hanfpflanze. Unter medizinischen Extrakten versteht man zumeist ölige Lösungen auf Basis natürlicher Cannabinoide. Allerdings gibt es mittlerweile auch medizinische Cannabisextrakte zur Inhalation.

Wie werden Cannabisextrakte eingenommen?

Medizinische Cannabisextrakte werden vorwiegend zur oralen Einnahme verschrieben. Meist handelt es sich dabei um eine ölige Lösung, die in Tropfenform verabreicht wird. Diese Tropfen können direkt unter die Zunge gegeben oder zusammen mit fetthaltigen Lebensmitteln aufgenommen werden. Alternativ gibt es auch medizinische Cannabisextrakte, die inhaliert werden. Dies erfolgt mit Hilfe eines Vaporisators.

Wer kann Cannabisextrakt verschreiben?

Alle in Deutschland niedergelassenen Ärzt:innen dürfen Cannabisextrakte verschreiben. Ausgenommen sind Zahn- und Tierärzt:innen.

Quellen: