Cannabis, ADHS und was die Wissenschaft dazu sagt

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Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie der therapeutische Einsatz von Cannabis – erst recht, wenn es um psychische Erkrankungen wie ADHS geht. Während einige Patient:innen von einer spürbaren Linderung berichten, bleiben Fachgesellschaften zurückhaltend. Was sagt die Forschung? Und wo verläuft die Grenze zwischen berechtigter Hoffnung und medizinischer Spekulation? Ein Blick auf die aktuelle Studienlage zwischen Wirksamkeit, Nebenwirkungen und individuellen Erfahrungen.



Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung: ADHS im Überblick

Bei ADHS – kurz für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung – handelt es sich um eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindesalter: Man geht davon aus, dass in Deutschland zwei bis sechs Prozent der Kinder darunter leiden. Zu den Symptomen gehören etwa Unaufmerksamkeit, übermäßige Aktivität oder Impulsivität.

Weniger bekannt ist, dass ADHS in etwa jedem zweiten Fall auch noch als Erwachsene:r weiter besteht. Schätzungsweise drei Prozent der Erwachsenen sind hierzulande von der Erkrankung betroffen – oft, ohne es zu wissen.

In der Regel wird ADHS mit Ritalin oder Medikinet behandelt, die Methylphenidat als Hauptwirkstoff in sich tragen. Aus Mangel an Behandlungsalternativen machen Patient:innen, bei denen die Standard-Medikamente nicht wie gewünscht anschlagen und/oder die, die an Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen leiden, sich häufig auf eigene Faust auf die Suche.

Infografik zur Studienlage: Cannabis ADHS – Gegenüberstellung von Vorteilen (z. B. Symptomverbesserung, keine kognitiven Nebenwirkungen) und Nachteilen (z. B. fehlende Signifikanz, kleine Stichprobe, Forschungsbedarf) beim Einsatz von Cannabis bei ADHS.

Cannabis, ADHS und die aktuelle Studienlage

Nach derzeitigem Stand liegt lediglich eine Untersuchung zu Cannabis und ADHS vor, welche den höchsten wissenschaftlichen Kriterien entspricht. Konkret veröffentlichten britische Forschende 2017 eine Studie, die unter doppelblinden, randomisierten und placebokontrollierten Bedingungen durchgeführt wurde.[1]

An dem sechswöchigen Forschungsprojekt nahmen 30 Erwachsene teil. Die eine Hälfte der Gruppe nahm ein Spray ein, das in gleichen Mengen CBD und THC enthielt. Gleichzeitig erhielt die andere Hälfte ein Placebo.

Auf folgenden Gebieten konnten die Forschenden Verbesserungen feststellen: 

Allerdings waren die Verbesserungen zu gering, um als signifikant zu gelten.

Grundsätzlich wird der Konsum von Cannabis mit negativen Auswirkungen auf die kognitive Leistung in Verbindung gebracht. In der Untersuchung konnten die Forschenden bei den Betroffenen von ADHS aber keine entsprechenden Cannabis-Nebenwirkungen feststellen.

Wie ist die britische Pilotstudie einzuordnen?

Während die positiven Effekte des Cannabissprays nicht signifikant waren, ist anzumerken, dass die beobachtete Wirkung vergleichbar mit der von Methylphenidat war, das als Standardwirkstoff bei der Behandlung von ADHS gilt.

Trotzdem bleiben die Ergebnisse weiterführender Forschungen abzuwarten, da es sich in der vorliegenden Untersuchung um eine Pilotstudie mit geringer Teilnehmendenzahl handelte.

Die Ergebnisse der Untersuchung in Kombination mit Wirkungslücken beziehungsweise Nebenwirkungen der Standardtherapie machen jedoch deutlich, dass es weiterer Studien bedarf, um den potenziellen Einsatz von Cannabis bei ADHS weiter zu erforschen.

ADHS bei Cannabis: Erfahrungen, Zahlen und Statistiken

Nachdem Cannabis 2017 zu medizinischen Zwecken in Deutschland legalisiert worden war, führte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine fünfjährige Begleiterhebung zu den verordneten Therapien durch.[2] Aus der Veröffentlichung der Ergebnisse ging hervor, dass die Behandlung von ADHS rund ein Prozent der Verschreibungen ausmachte.

Hier ist einschränkend zu sagen, dass in der Begleiterhebung lediglich die Daten von Patient:innen erfasst wurden, deren Behandlung mit Cannabis von den Krankenkassen übernommen wurde. Entsprechende Statistiken zu Selbstzahler:innen liegen nicht vor.

Als die Behandlung mit medizinischen Cannabis noch eine Ausnahmegenehmigung des BfArM benötigte – also vor 2017 – lag der Anteil der Betroffenen von ADHS unter den Cannabis-Patient:innen noch bei gut 14 Prozent.

Mitverantwortlich dürfte hier die Empfehlung gewesen sein, welche die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) 2017 herausgegeben hatte – welcher unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde angehört. Darin hatte die Gemeinschaft geschlossen davon abgeraten, Cannabis zur ADHS-Behandlung einzusetzen.

Cannabis vom Arzt verschreiben lassen

Im selben Jahr fasste auch der ADHS Deutschland e. V. in einer Stellungnahme zusammen, dass die Nebenwirkungen von Cannabis in keinem angemessenen Verhältnis zu den bisher wenig erforschten Wirkungen bei ADHS stünden – zumal mit dem Wirkstoff Methylphenidat eine wirksame Standardbehandlung bestehe. Gleichzeitig merkte der Selbsthilfeverein an, ADHS-Patient:innen bei ihrer Suche nach einer möglichen Linderung grundsätzlich nicht hindern zu wollen.

Wenngleich eine klinische Empfehlung gegenwärtig nicht vorliegt, gab es laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in den Jahren 2017 bis 2022 163 Verschreibungen von Cannabis bei ADHS. Cannabis wird der Statistik zufolge also durchaus immer wieder von Ärzten bei ADHS verschrieben.

Cannabis für Erwachsene auf Rezept: Mögliche Übernahme durch die Krankenkasse

Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen, damit ein Arzt oder eine Ärztin Cannabis auf Rezept verschreiben kann. Außerdem muss der Einsatz von Cannabis im konkreten Fall erfolgsversprechend sein und Standardtherapien zu unzumutbaren Nebenwirkungen führen. Insofern sind hier einige Einschränkungen zu beachten.

Bezüglich der Finanzierung der Therapie können die Patient:innen einen Antrag auf Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse einreichen, wenn das Cannabis von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben worden ist. Die Krankenkassen können die Übernahme jedoch verweigern. Bei privaten Krankenkassen sind die Bestimmungen des abgeschlossenen Tarifs zu beachten. Eine Verschreibung auf einem Privatrezept für Selbstzahler:innen ist ebenfalls grundsätzlich möglich – zum Beispiel über spezialisierte Telemedizin-Plattformen für Therapien mit medizinischem Cannabis.

Therapeutische Selbstversuche mit Cannabis: Was sagt die Forschung?

Trotz zurückhaltender Verschreibungspraxis zeigen aktuelle Studien, dass viele ADHS-Betroffene Cannabis aus eigener Initiative nutzen – nicht aus Experimentierfreude, sondern aus therapeutischer Motivation. [3] Besonders häufig berichten Patient:innen, sie würden Cannabis zur Linderung von Schlafstörungen, innerer Unruhe oder körperlichen Schmerzen einsetzen. Auch Nebenwirkungen der Standardtherapie – etwa Appetitlosigkeit oder Einschlafprobleme durch Methylphenidat – gelten als Auslöser für den Griff zur Cannabispflanze, oft mangels überzeugender Alternativen.

Die Forschungslage hierzu ist bislang dünn, liefert aber erste Hinweise: In einer Online-Befragung gaben rund 90 Prozent der teilnehmenden ADHS-Betroffenen an, dass sie durch akuten Cannabiskonsum eine Verbesserung ihrer Symptome wie Hyperaktivität, Unruhe oder mentaler Frustration wahrnehmen. Deutlich zurückhaltender fielen die Einschätzungen beim langfristigen Konsum aus – nur ein Drittel sprach hier von einer spürbaren Besserung. Auch auf die kognitive Leistungsfähigkeit wirkte sich chronischer Konsum laut der Selbsteinschätzung vieler kaum aus, wobei die wissenschaftliche Bewertung dieser Effekte noch aussteht.

Häufiger als erwartet nannten die Befragten Cannabis außerdem als Mittel gegen Schmerzen. Neuere Untersuchungen legen nahe, dass ADHS-Betroffene überdurchschnittlich oft an chronischen Schmerzsyndromen leiden – insbesondere Frauen berichten in diesem Zusammenhang von verstärkten Beschwerden im Zusammenhang mit Endometriose oder Fibromyalgie. Cannabis wird hier offenbar als pragmatischer Ausweg gesehen, wenn klassische Therapien und Alternativen an ihre Grenzen stoßen.[3]

Auch wenn belastbare Studien bislang fehlen, zeichnen sich gewisse Muster ab: Cannabis scheint für manche ADHS-Betroffene eine Lücke zu füllen – dort, wo Medikamente nicht greifen oder Nebenwirkungen dominieren. Umso wichtiger ist es, dass Ärzt:innen die Beweggründe für den Konsum ernst nehmen – nicht nur, um Risiken zu erkennen, sondern auch, um gemeinsam bessere Behandlungswege und individuelle Alternativen zu finden.

Cannabinoid-Therapie: Risiken und Nebenwirkungen bei einer Kombination mit Methylphenidat

Gerade wenn Cannabis bei ADHS ohne ärztliche Absprache eingesetzt wird, könnten Betroffene es mit der Einnahme von Methylphenidat kombinieren. Warum die Kombination jedoch Risiken mit sich bringen könnte, macht eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2014 deutlich: [4]

In der Doppelblindstudie verabreichten die Forschenden 16 erwachsenen Proband:innen verschiedene Kombinationen von Cannabis mit Methylphenidat. Alle Teilnehmenden hatten im Vorfeld der Untersuchung einen mäßigen Cannabiskonsum angegeben und litten weder unter ADHS noch einer anderen psychischen Erkrankung.

Für die Studie nahmen die Proband:innen in sechs Sitzungen entweder eine orale 10-mg-Dosis an THC oder ein Placebo in Kombination mit jeweils unterschiedlichen Mengen an Methylphenidat ein.

Bei jeder Dosierung von Methylphenidat resultierte die kombinierte Einnahme mit THC in einer erhöhten Herzfrequenz. Für eine Zuverlässigkeit der Ergebnisse spricht an dieser Stelle das doppelblinde Studiendesign – einschränkend ist jedoch die geringe Zahl an untersuchten Proband:innen zu sehen. Während eine weitere Erforschung als wünschenswert gilt, sollten die möglichen Wechselwirkungen dringend berücksichtigt werden, falls Cannabis auf Rezept bei ADHS verschrieben werden soll.

ADHS und Cannabisabhängigkeit: Ein besonderes Risiko?

So nachvollziehbar der Wunsch nach Linderung ist – der regelmäßige Konsum von Cannabis birgt gerade für Menschen mit ADHS ein erhöhtes Risiko, eine Abhängigkeit zu entwickeln. Studien zeigen: Jugendliche und junge Erwachsene mit ADHS neigen nicht nur dazu, früher mit dem Konsum zu beginnen, sondern auch schneller zu einem problematischen Gebrauch überzugehen. Impulsivität, emotionale Labilität und Schwierigkeiten mit der Selbstregulation gelten dabei als zentrale Risikofaktoren – und gehören zugleich zum typischen Bild einer ADHS-Diagnose.[3]

Die Forschung spricht hier von einer „geteilten Verletzlichkeit“: Sowohl bei ADHS als auch bei Substanzgebrauchsstörungen sind ähnliche neurobiologische Mechanismen beteiligt – etwa im Bereich der Belohnungsverarbeitung und der Impulskontrolle. Das kann zur Folge haben, dass Betroffene nicht nur häufiger konsumieren, sondern auch stärker auf die kurzfristig beruhigenden Effekte von Cannabis reagieren – und sie daher wiederholt suchen. Ein besonders häufiger Einstieg erfolgt über die Nutzung zur Schlafverbesserung, zur Schmerzbehandlung oder zur Selbstberuhigung in emotional belastenden Situationen.

Zwar geben viele Konsumierende subjektiv an, dass Cannabis ihre Symptome lindere – doch langfristig zeigen sich oft gegenteilige Effekte: Gedächtnisstörungen, Motivationsprobleme und verstärkte Konzentrationsschwierigkeiten können gerade bei ADHS schwer wiegen. Zudem wird berichtet, dass sich bei einigen chronischen Konsumierenden mit ADHS ein Teufelskreis entwickelt: Die Symptome der Grunderkrankung werden durch den fortgesetzten Gebrauch nicht etwa gebessert, sondern verstärkt – was wiederum den Wunsch nach Konsum befeuert.

Cannabis-Therapie bei ADHS: Was bleibt – und was fehlt

Die therapeutische Verwendung von Cannabis bei ADHS bleibt ein umstrittenes Feld zwischen individueller Hoffnung und wissenschaftlicher Zurückhaltung. Erste Studien liefern Hinweise auf mögliche Effekte – doch die Datenlage ist zu schmal, um klare Empfehlungen auszusprechen. Gerade weil viele Betroffene Cannabis aus einer Not heraus nutzen, um mit unerwünschten Nebenwirkungen oder unbehandelten Symptomen zurechtzukommen, braucht es mehr Forschung, mehr ärztliche Begleitung – und mehr Offenheit im Umgang mit einem Thema, das zu lange zwischen Stigma und Selbstmedikation schwankt.

FAQ

Zwischen 2017 und 2022 verzeichnete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seiner Statistik 163 Verschreibungen von Cannabis bei ADHS. Aufgrund der derzeit unzureichenden Forschungslage liegt für die Anwendung von Cannabis bei ADHS allerdings keine klinische Empfehlung vor.
Cannabis kann in Deutschland grundsätzlich auch bei ADHS verschrieben werden – vorausgesetzt, alle zugelassenen Standardtherapien wurden bereits ausgeschöpft und die Symptome sind weiterhin stark belastend. Verschreiben darf grundsätzlich jede:r Ärzt:in mit Kassenzulassung (ausgenommen Zahn- und Tierärzt:innen). Meist sind es bei ADHS Fachärzt:innen für Psychiatrie oder Hausärzt:innen mit entsprechender Erfahrung.
Grundsätzlich können alle ADHS-Patient:innen bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Voraussetzung ist, dass eine Verschreibung von Cannabis auf Rezept vorliegt. Die gesetzlichen Krankenkassen können einen Antrag auf Cannabis auf Rezept mit Verweis auf den Genehmigungsvorbehalt ablehnen. Ob private Krankenkassen die Kosten übernehmen, hängt vom abgeschlossenen Tarif ab.
2017 lieferte eine britische Studie vorsichtige Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit von Cannabinoiden bei ADHS. Allerdings war die Studiengröße zu klein, um eine Aussage treffen zu können. Grundsätzlich geht man davon aus, dass Cannabinoide einen modulierenden Effekt auf das körpereigene Endocannabinoidsystem besitzen.[1]

Quellen

[1] Cooper, R. E., Williams, E., Seegobin, S., Tye, C., Kuntsi, J., & Asherson, P. (2017). Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial. European Neuropsychopharmacology, 27(8), 795–808.

[2] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. (2022, 6. Juli). Cannabis als Medizin: BfArM veröffentlicht Abschlussbericht zur Begleiterhebung (Pressemitteilung Nr. 5/22). Pressemitteilungen des BfArM.

[3] Hernandez, M., & Levin, F. R. (2022). Attention-deficit hyperactivity disorder and therapeutic cannabis use motives. Psychiatric Clinics of North America, 45(3), 503–514.

[4] Kollins, S. H., Schoenfelder, E. N., English, J. S., Holdaway, A., Van Voorhees, E., O'Brien, B. R., Dew, R., & Chrisman, A. K. (2015). An exploratory study of the combined effects of orally administered methylphenidate and delta-9-tetrahydrocannabinol (THC) on cardiovascular function, subjective effects, and performance in healthy adults. Journal of Substance Abuse Treatment, 48(1), 96–103.

Spice – Droge oder legale Kräutermischung?

Spice wurde lange als harmlose Kräutermischung vermarktet. Tatsächlich handelt es sich um eine synthetische Droge, deren Wirkung und Risiken deutlich über die von Cannabis hinausgehen. Die Geschichte von Spice ist ein Beispiel dafür, wie vermeintlich legale Produkte ein ernstes Gesundheitsproblem werden können.



Was ist Spice?

Spice ist eine synthetische Modedroge, die in den frühen 2000er-Jahren zunächst unter der irreführenden Bezeichnung „Räucherware“ oder als vermeintlich harmlose Räucherstäbchen – zur Verwendung in Räumen – vor allem online verkauft wurde und lange Zeit legal erhältlich war. Anders als der Name vermuten lässt, besteht die Substanz nicht aus harmlosen Kräutern, sondern aus Pflanzenmaterial, das mit hochwirksamen synthetischen Cannabinoiden besprüht wird.

Konsumiert wird Spice meist durch Rauchen – häufig in Joints, teils mit Tabak vermischt, oder mithilfe von Pfeifen, Bongs oder Vaporizern. Diese Form der Aufnahme führt dazu, dass die Wirkstoffe sehr schnell in den Blutkreislauf gelangen und die Wirkung oft innerhalb weniger Minuten einsetzt.Die synthetischen Cannabinoide binden nach Konsum an dieselben Rezeptoren im Gehirn wie der Cannabiswirkstoff THC, wirken jedoch deutlich stärker, schneller und oft unberechenbar. Wegen der wechselnden Zusammensetzung und Konzentration der chemischen Bestandteile birgt Spice ein hohes Risiko für akute Vergiftungen und Abhängigkeit.

Die chemische Grundlage: synthetische Cannabinoide

Zu den früh identifizierten synthetischen Cannabinoiden gehörten JWH-018 und CP-47,497; später kamen zahlreiche Varianten hinzu, darunter JWH-073, JWH-122 oder AM-2201.[1] Diese Substanzen docken an die CB1-Rezeptoren des Gehirns an, wie THC, lösen dort aber oft intensivere und länger anhaltende Effekte aus.

Weil Hersteller die chemischen Strukturen fortlaufend verändern, um gesetzliche Verbote und Drogentests zu umgehen, schwanken Zusammensetzung und Wirkstoffkonzentration erheblich – mitunter sogar innerhalb einer einzelnen Packung.[1] Diese Variabilität erschwert die Vorhersage der Wirkung und erhöht das Risiko unerwarteter Reaktionen.

Spice (Droge): Wirkung, Nebenwirkungen und Risiken

Konsumierende berichten anfangs von Entspannung oder Euphorie. Doch bereits geringe Mengen können Nebenwirkungen auslösen: Angstzustände, Panikattacken, psychotische Episoden und Krampfanfälle.[1]

Besonders bedrohlich sind die körperlichen Komplikationen: Herzrasen, erhöhter Blutdruck, Herzrhythmusstörungen bis hin zu Herzinfarkten und in seltenen Fällen plötzlicher Herztod.[1,2]

Da die Konzentration der Wirkstoffe stark schwankt, ist das Risiko einer Überdosierung hoch. Längerer Gebrauch kann zudem Abhängigkeit hervorrufen; beschrieben wurden Entzugssymptome wie Schwitzen, Unruhe, Albträume und Zittern.[1]

Schwierigkeiten bei Nachweis und Behandlung

Die stetig wechselnde chemische Zusammensetzung von Spice erschwert den Nachweis. Viele synthetische Cannabinoide werden in gängigen Drogenschnelltests nicht erkannt (2014-Studie; 2016-Studie). Für eine sichere Bestimmung sind Analysen in spezialisierten Laboren notwendig, etwa mit Flüssigchromatografie und Massenspektrometrie.[2]

Auch therapeutisch sind die Möglichkeiten begrenzt: Ein spezifisches Gegenmittel gibt es nicht. Ärzt:innen können lediglich Symptome behandeln, Kreislauf und Atmung stabilisieren und Krampfanfälle kontrollieren.[2] Eine schnelle medizinische Versorgung ist daher entscheidend.

Rechtliche Lage

Mit der Zunahme von Vergiftungsfällen und Klinikeinweisungen reagierten die Behörden. Ab 2009 wurden in vielen europäischen Ländern die ersten Hauptwirkstoffe wie JWH-018 und CP-47,497 in das Betäubungsmittelrecht aufgenommen und damit verboten.[1]

In Deutschland ist Spice seither illegal; Besitz, Handel und Herstellung sind strafbar.
Doch das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Gesetzgebern und Herstellern geht weiter: Immer neue chemische Varianten tauchen auf und zwingen die Behörden, die Regelungen ständig anzupassen.

Vor diesem Hintergrund betont Bertan Türemis, medizinisch Wissenschaftlicher Berater bei avaay Medical:

„Die Verbreitung von Spice zeigt, wie gefährlich der unregulierte Schwarzmarkt ist. Synthetische Cannabinoide sind unberechenbar und stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Wer sie konsumiert, weiß oft nicht, was tatsächlich in dem Produkt steckt. Ein regulierter Zugang zu natürlichem Cannabis kann hier einen wichtigen Beitrag leisten: Es könnte illegale und riskante Substanzen vom Markt verdrängen, Qualitätssicherung schaffen und Aufklärung ermöglichen. Deshalb brauchen wir neben der Teillegalisierung in Deutschland dringend auch Modellprojekte für den legalen Verkauf von Cannabis und einen faktenbasierten politischen Kurs – zum Schutz der Verbraucher:innen.“

Konsequenzen für Prävention und Regulierung

Spice verdeutlicht, wie schnell sich Lücken in der Gesetzgebung und mangelnde Marktaufsicht zu einem Gesundheitsproblem entwickeln können. Die synthetischen Cannabinoide in den Mischungen sind unberechenbar und bergen deutlich höhere Risiken als offenbar viele Konsumierende annehmen.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen zugleich, dass Verbote allein das Problem nicht lösen: Immer neue Varianten entstehen und umgehen bestehende Regelungen. Entscheidend ist daher eine Kombination aus wirksamer Prävention, fundierter Aufklärung und einer kontinuierlichen Anpassung des rechtlichen Rahmens, um die Verbreitung gefährlicher Substanzen einzudämmen und die öffentliche Gesundheit zu schützen.


Quellen

[1] Seely, K. A., Lapoint, J., Moran, J. H., & Fattore, L. (2012). Spice drugs are more than harmless herbal blends: A review of the pharmacology and toxicology of synthetic cannabinoids. Progress in Neuro-Psychopharmacology & Biological Psychiatry, 39(2), 234–243.

[2] Müller, H. H., Kornhuber, J., & Sperling, W. (2016). The behavioral profile of spice and synthetic cannabinoids in humans. Brain Research Bulletin, 126(Part 1), 3–7.

Cannabis in der Schwangerschaft: Die unterschätzten Risiken

Cannabis gilt vielen als sanftere Alternative zu Alkohol. Deshalb gehen manche davon aus, es sei für Schwangere unproblematisch. Neue Studienergebnisse zeigen jedoch: Cannabis in der Schwangerschaft ist keineswegs unbedenklich – weder für das ungeborene Kind noch für die werdende Mutter.



THC in der Schwangerschaft: Studie gibt mehr Klarheit über die Folgen fürs Kind

Die Forschung zu Cannabiskonsum in der Schwangerschaft war lange von Widersprüchen geprägt. Einzelne Studien lieferten einander widersprechende Ergebnisse, die Evidenz war brüchig. Nun liegt mit einer umfassenden Meta-Analyse von 2025 erstmals ein robuster Überblick vor.[1]

Die Forschenden werteten 51 Studien mit Daten aus mehr als 21 Millionen Schwangerschaften aus. Die Resultate sind ernüchternd: Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft Cannabis konsumierten, hatten ein deutlich erhöhtes Risiko

Auch das Risiko, dass ein Kind während oder kurz nach der Geburt stirbt, war leicht erhöht.Besonders eindrücklich ist der sogenannte Dosis-Wirkungs-Effekt: Je häufiger die werdende Mutter konsumierte, desto größer das Risiko für Komplikationen.

Infografik mit dem Titel „Cannabis-Konsum in der Schwangerschaft“.
Links unter „Pros“ wird ein möglicher Vorteil genannt: Geringeres Diabetes-Risiko.
Rechts unter „Cons“ stehen mehrere Risiken: Erhöhtes Bluthochdruckrisiko, Präeklampsie-Risiko, Gewichtsprobleme und Plazentaablösung.
In der Mitte ist ein Pfeilsymbol mit „vs“ dargestellt, das den Vergleich zwischen Vorteilen und Nachteilen visualisiert.

Studie zu Cannabis-Konsum in der Schwangerschaft: Risiken auch für die Mutter

Weniger im Blick stand bislang die Gesundheit der Schwangeren selbst. Eine große Kohortenstudie aus Nordkalifornien mit 316.000 Schwangerschaften lieferte 2024 hierzu neue Daten.[2]

Die Ergebnisse sind klar: Frauen, die in der Frühschwangerschaft Cannabis konsumierten, hatten

Erstaunlich ist ein weiterer Befund: Das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes war bei Cannabiskonsumentinnen etwas geringer. Doch die Forschenden warnen: Dieser Zusammenhang sei weder verstanden noch Grund, den Konsum als vorteilhaft zu betrachten.

Cannabis, Schwangerschaft und ein verzerrtes Bild von Sicherheit

Viele Schwangere greifen zu Cannabis, weil sie es für eine sanfte Hilfe gegen Übelkeit, Schmerzen oder Schlafprobleme halten. In den USA ist es inzwischen sogar die am häufigsten konsumierte Droge während der Schwangerschaft. Forschende vermuten, dass dies auch mit dem besonderen Image der Substanz zu tun hat: Cannabis ist nicht nur ein Rauschmittel, sondern auch ein Medikament – etwa gegen Übelkeit bei Krebspatient:innen, bei Schlafstörungen, gegen Schmerzen.[8] Doch vor allem die neuen Studien aus 2024 und 2025 machen deutlich: In der Schwangerschaft überwiegen die Risiken. Cannabis kann den Verlauf von Schwangerschaft und Geburt komplizierter und riskanter machen.

Fachleute betonen zugleich die Bedeutung einer offenen, nicht stigmatisierenden Beratung. Schwangere, die konsumieren, sollten dies mit Ärzt:innen oder Hebammen besprechen können – ohne Angst vor Verurteilung. Nur so lässt sich verhindern, dass das Thema verdrängt und mögliche Risiken unterschätzt werden.

Auch CBD in der Schwangerschaft ist bedenklich

Doch nicht nur Cannabis selbst wirft Fragen auf. Cannabidiol (CBD), der nicht berauschende Bestandteil der Pflanze, genießt den Ruf, harmlos zu sein und ist deshalb für viele eine vermeintlich sichere Alternative. Gerade für die Anwendung in der Schwangerschaft ist das wissenschaftliche Fundament dafür aber noch brüchig. Eine aktuelle Studie liefert nun erste Hinweise, die Zweifel wecken.[3]

Forschende untersuchten die Wirkung von Cannabisöl auf trächtige Mäuse. Sie stellten fest, dass das Cannabidiol (CBD) das Wachstum der Föten beeinträchtigte, Veränderungen in der Plazenta hervorrief und sich auf das spätere Verhalten der Nachkommen auswirkte. Die Jungtiere zeigten nach der Geburt unter anderem eine gesteigerte Aggressivität, mehr Unruhe und eine geringere Lernfähigkeit.

Die Analyse legt nahe, dass CBD – ebenso wie THC – die Blutgefäße der Plazenta beeinflusst. Diese sind entscheidend dafür, dass das ungeborene Kind mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Zudem griffen die Substanzen in das Immunsystem ein und störten Zellen, die für die gesunde Entwicklung der Plazenta wichtig sind. Die Folge war eine eingeschränkte Versorgung des Nachwuchses und ein verlangsamtes Wachstum. Die Befunde sind kein endgültiges Urteil, sie machen jedoch deutlich, dass CBD in der Schwangerschaft mit Vorsicht betrachtet werden sollte, solange belastbare Daten aus Humanstudien fehlen.

Cannabiskonsum gefährdet die Fruchtbarkeit von Frauen

Lange konzentrierte sich die Forschung zu Cannabis und Fortpflanzung vor allem auf Männer und deren Spermienqualität. Wie sich die Substanz auf die Eizellen von Frauen auswirkt, war kaum untersucht. Eine aktuelle Studie aus Toronto schließt nun eine wichtige Lücke und liefert Hinweise darauf, dass Cannabis – genauer gesagt sein psychoaktiver Hauptwirkstoff THC – die weibliche Fruchtbarkeit beeinflussen könnte.[4]Die Forschenden untersuchten mehr als tausend Frauen, die sich einer künstlichen Befruchtung unterzogen. Bei sechs Prozent von ihnen fanden sie THC-Abbauprodukte in der Flüssigkeit, die die Eizellen im Eierstock umgibt. Ein Beleg dafür, dass der Wirkstoff bis an den Ort gelangt, an dem Eizellen heranreifen. In Laborexperimenten mit gespendeten menschlichen Eizellen zeigte sich: Unter THC-Einfluss reiften die Eizellen etwas schneller, doch gleichzeitig häuften sich Fehler bei der Verteilung der Chromosomen. Solche Fehler gelten als häufige Ursache für Fehlgeburten oder nicht lebensfähige Embryonen.

Auch in der klinischen Beobachtung fiel auf, dass Patientinnen mit THC-Nachweis im Mittel weniger genetisch gesunde Embryonen entwickelten. Für die Frauen kann das bedeuten, dass sich eine Schwangerschaft verzögert oder dass Behandlungen wie die IVF weniger erfolgreich verlaufen.

Noch sind viele Fragen offen – etwa, ab welcher Menge THC diese Effekte auftreten und ob sie auch für gesunde Frauen ohne Kinderwunsch gelten. Die Ergebnisse liefern jedoch ein deutliches Signal: Wer schwanger werden möchte oder sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzieht, sollte Cannabis mit Vorsicht begegnen.

Cannabis in der Stillzeit

Die Sorge endet nicht mit der Entbindung. Auch beim Stillen stellt sich die Frage, welche Folgen Cannabis für das Neugeborene haben kann. Tetrahydrocannabinol (THC), der psychoaktive Wirkstoff von Cannabis, gelangt in die Muttermilch – und bleibt dort deutlich länger nachweisbar, als viele vermuten. In Studien konnte THC noch Tage bis Wochen nach dem Konsum in der Milch nachgewiesen werden. Weil sich THC im Fettgewebe anreichert und nur langsam abgebaut wird, kann es vom Säugling beim Stillen aufgenommen werden.[7]

Was das für das Kind bedeutet, ist bislang nicht abschließend geklärt. Ältere Untersuchungen fanden bei gelegentlichem Konsum keine messbaren Effekte auf Wachstum oder geistige Entwicklung. Eine größere Studie berichtete jedoch, dass regelmäßiger Konsum – fast täglich – mit einer leicht verzögerten motorischen Entwicklung im ersten Lebensjahr verbunden war. Einzelne Fallberichte beschreiben Säuglinge, die nach dem Stillen von Cannabis konsumierenden Müttern ungewöhnlich schläfrig waren oder sogar Krampfanfälle hatten; in solchen Fällen waren aber oft auch andere Faktoren im Spiel.[7]

Fachgesellschaften empfehlen daher, in der Stillzeit auf Cannabis zu verzichten. Säuglinge sollten zudem keinem Cannabisrauch ausgesetzt sein, da Passivrauchen das Risiko für gesundheitliche Probleme erhöht.[7]

Was jetzt zählt

Mit der fortschreitenden Legalisierung und der wachsenden gesellschaftlichen Akzeptanz könnte auch der Cannabis-Konsum unter Schwangeren zunehmen. Umso dringlicher braucht es verlässliche Informationen, die den nüchternen Stand der Forschung widerspiegeln. Neue Studien liefern dafür eine solide Grundlage. Sie legen nahe, dassCannabis während der Schwangerschaft kein harmloses Hausmittel ist, sondern ein relevanter Risikofaktor für Mutter und Kind.

Solange unklar ist, warum Cannabis in einzelnen Bereichen, etwa beim Schwangerschaftsdiabetes, günstigere Werte zeigt, bleibt Vorsicht geboten. Fachleute raten zu einem einfachen, aber wirksamen Grundsatz: Der sicherste Weg in der Schwangerschaft ist der Verzicht auf Cannabis.


FAQ

Verlässliche Daten dazu fehlen bislang. Grundsätzlich wird deshalb empfohlen, so früh wie möglich vor einer geplanten Schwangerschaft auf Cannabis zu verzichten. Häufig wird als Orientierung der Zeitraum von etwa drei Monaten genannt. Hierfür gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Belege. Am besten bespricht man den eigenen Konsum frühzeitig mit einem Arzt oder einer Ärztin, um eine individuelle und fachgerechte Beratung zu erhalten.
Es gibt keinen Zeitpunkt in der Schwangerschaft, an dem Rauchen ungefährlich ist. Schon in den ersten Wochen kann Tabakrauch die Entwicklung des Embryos beeinträchtigen.
Nein. Jede Form des Cannabiskonsums kann das Risiko für das Kind erhöhen – etwa für Wachstumsverzögerungen, Frühgeburten und Störungen der Gehirnentwicklung. Auch für die Schwangere selbst kann Cannabis problematisch sein: Es erhöht zum Beispiel das Risiko für Bluthochdruck, Präeklampsie und Komplikationen der Plazenta. Es gibt keine Belege für eine unschädliche gelegentliche Menge. Am sichersten ist der komplette Verzicht während der Schwangerschaft.
Britische Forschende haben Hinweise darauf gefunden, dass Bestandteile des Cannabisrauchs das menschliche Erbgut schädigen und damit möglicherweise das Krebsrisiko erhöhen könnten. Weiterführende Forschung ist notwendig.[5]
Ja. Untersuchungen zeigen: Für kleine Kinder, deren Atemwege empfindlicher und deren Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift sind, kann Passivrauchen von Cannabis riskant sein. Es kann Atemwegserkrankungen begünstigen und möglicherweise die Entwicklung beeinträchtigen.[6]

Unser Tipp: Mehr zum Thema erfährst du in unserem Artikel "Wie gefährlich ist Cannabis-Passivrauchen?".


Quellen

[1] Lo, J. O., Ayers, C. K., Yeddala, S., et al. (2025). Prenatal cannabis use and neonatal outcomes: A systematic review and meta‑analysis. JAMA Pediatrics, 179(7), 738–746.

[2] Young‑Wolff, K. C., Adams, S. R., Alexeeff, S. E., et al. (2024). Prenatal cannabis use and maternal pregnancy outcomes. JAMA Internal Medicine, 184(9), 1083–1093.

[3] Ritchie, T. M., Feng, E., Vahedi, F., Ermolina, S., Bellissimo, C. J., De Jong, E., Portillo, A. L., Poznanski, S. M., Chan, L., Ettehadieh, S. M., Sloboda, D. M., Bowdish, D. M. E., & Ashkar, A. A. (2025). The impact of oral cannabis consumption during pregnancy on maternal spiral artery remodelling, fetal growth and offspring behaviour in mice. eBioMedicine, 114, 105572.

[4] Skelton, K. R., & Young‑Wolff, K. C. (2022). Preconception cannabis use: An important but overlooked public health issue. Women’s Health (London), 18, 17455057221124071.

[5] CORDIS. (2009, 17. Juni). Cannabis kann Schäden am Erbgut verursachen, so das Ergebnis einer europäischen Studie. Abgerufen am [Datum], von https://cordis.europa.eu/article/id/30915-eufunded-study-shows-that-cannabis-can-damage-dna/de

[6] Tripathi, O., Parada, H., Sosnoff, C., et al. (2025). Exposure to secondhand cannabis smoke among children. JAMA Network Open, 8(1), e2455963.

[7] National Institute of Child Health and Human Development. (2025, 15. Juli). Cannabis. In Drugs and Lactation Database (LactMed®). Abgerufen von https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK501587/

[8] Haider, M. R., Karim, S., Jayawardhana, J., Hansen, N. B., & Haile, Z. T. (2025). Association between state‑level medical marijuana legalization and marijuana use during pregnancy: A population‑based study. American Journal on Addictions, 34, 75–84.

Synthetische Cannabinoide – Wirkung, Risiken und rechtliche Lage

Synthetische Cannabinoide gelten oft fälschlicherweise als harmlose Alternative zu Cannabis. Tatsächlich handelt es sich um künstlich hergestellte Substanzen, die deutlich stärker wirken und ein hohes Risiko für Vergiftungen bergen. Dieser Artikel erklärt, was synthetische Cannabinoide sind, wie sie wirken, worin sie sich von Cannabis unterscheiden und welche Gefahren und rechtlichen Fragen mit ihnen verbunden sind.



Das sind synthetische Cannabinoide

Synthetische Cannabinoide sind eine vergleichsweise junge Gruppe von Substanzen, die ursprünglich in der pharmazeutischen Forschung untersucht wurden, heute aber vor allem als Bestandteil sogenannter „Kräutermischungen“ wie Spice bekannt sind.

Sie binden – ähnlich wie THC, der psychoaktive Hauptbestandteil von Cannabis – an Cannabinoid-Rezeptoren im Körper. Doch ihre Wirkung ist oft deutlich stärker, unberechenbarer und mit höheren gesundheitlichen Risiken verbunden.[1,2]

Infografik mit dem Titel „Wie erkenne ich synthetische Cannabinoide?“.
Drei Erkennungsaspekte werden dargestellt:
– Visuelle Identifizierung: Synthetische Cannabinoide sehen oft wie harmlose Kräuter aus und werden in irreführenden Verpackungen verkauft.
– Geruchserkennung: Der Dampf riecht nicht nach Cannabis, was auf eine synthetische Substanz hinweist.
– Wirkungserkennung: Unerwartet starke oder ungewöhnliche Wirkungen können auf synthetische Cannabinoide hindeuten.
Die Elemente sind in einer pfeilförmigen Anordnung dargestellt.

Synthetische Cannabinoide erkennen – wie geht das?

Im Alltag ist es für Laien nahezu unmöglich, synthetische Cannabinoide zuverlässig zu identifizieren. Die Produkte sehen oft wie harmlose, getrocknete Kräuter aus und werden in bunten Folienbeuteln verkauft, deren Deklarationen meist irreführend sind. Typisch ist außerdem, dass der beim Rauchen entstehende Dampf kaum nach Cannabis riecht. Häufig fällt erst durch die unerwartet starke oder ungewöhnliche Wirkung auf, dass kein herkömmliches Cannabis konsumiert wurde.

Für Ärzt:innen sowie für forensische Labore sind gezielte Analysen entscheidend. Standard-Drogentests reagieren meist nicht auf diese Substanzen. Sicheren Nachweis liefern moderne Verfahren wie Flüssigchromatografie oder Gaschromatografie in Kombination mit Massenspektrometrie (LC-MS/MS oder GC-MS). Diese Tests können nicht nur die Wirkstoffe selbst, sondern auch deren Abbauprodukte im Blut oder Urin erfassen – vorausgesetzt, die jeweiligen Varianten sind bereits bekannt und in den Referenzdatenbanken hinterlegt.

Unterschiede zu natürlichem Cannabis

Im Gegensatz zu Cannabis, das neben THC auch Inhaltsstoffe wie CBD enthält, werden synthetische Cannabinoide vollständig im Labor hergestellt. CBD gilt als ein Stoff, der einige der psychoaktiven Effekte von THC abmildern kann – diese Komponente fehlt synthetischen Cannabinoiden. Das trägt dazu bei, dass sie unberechenbar und sehr intensiv wirken.[1]

Die Hauptmerkmale sind:

Hintergrund

Die Entwicklung synthetischer Cannabinoide begann in den 1970er- und 1980er-Jahren in der medizinischen Forschung – vor allem, um neue Schmerzmittel und Therapien für bestimmte Erkrankungen zu finden. Doch die Trennung zwischen erwünschten therapeutischen Effekten und unerwünschten psychoaktiven Wirkungen erwies sich als schwierig.

Ende 2008 wurden synthetische Cannabinoide erstmals in sogenannten Räuchermischungen entdeckt, die unter Namen wie Spice Gold, Spice Silver oder Yucatan Fire verkauft wurden.

Diese Produkte wurden zunächst als „Räucherware“ oder „Raumduft“ vermarktet, enthielten jedoch keine Cannabispflanze und auch keinen Tabak, sondern getrocknetes Pflanzenmaterial, das mit hochpotenten Wirkstoffen besprüht war. Geraucht entfalteten sie berauschende Effekte, die dem Cannabisrausch ähnelten oder ihn sogar übertrafen.

Diese frühen Produkte markierten den Beginn einer ganzen Welle von Substanzen, die seither unter dem Sammelbegriff „synthetische Cannabinoide“ zusammengefasst werden. Ein Blick auf die wichtigsten Stoffgruppen zeigt, wie vielfältig und wandelbar diese Substanzen sind.[1]

Infografik mit dem Titel „Liste der wichtigsten synthetischen Cannabinoide“.
Aufgelistet sind fünf Stoffgruppen mit Beispielen:
– Naphthoylindole (z. B. JWH-018, JWH-073, JWH-398)
– Phenylacetylindole (z. B. JWH-250)
– Cyclohexylphenole (z. B. CP-47,497 und verwandte Verbindungen)
– Klassische Cannabinoide (z. B. HU-210, bindet stärker an CB1-Rezeptoren als THC)
– Weitere Strukturen (z. B. Naphthoylpyrrole oder Naphthylmethylindole).
Neben jeder Kategorie befindet sich ein chemisches Struktur-Symbol.

Synthetische Cannabinoide: Liste der wichtigsten Substanzen

Achtung: Jetzt wird es technisch. Flashbacks an den Chemieunterricht sind nicht ausgeschlossen.

Unter dem Sammelbegriff „synthetische Cannabinoide“ wird eine Vielzahl chemisch unterschiedlicher Verbindungen zusammengefasst. Sie lassen sich in mehrere Hauptgruppen einteilen:

Die meisten dieser Stoffe sind fettlöslich und lassen sich leicht als Lösung auf Pflanzenmaterial aufbringen. So gelangen sie als „Kräuter-“ oder „Räuchermischungen“ auf den Markt.[1]

Kurz gesagt: Künstliche Cannabis-ähnliche Substanzen mit komplizierten Namen, die oft viel stärker wirken als echtes THC. Die Abkürzungen in den Namen der synthetischen Cannabinoide stehen meist für den Entwickler oder die Institution, die die Substanz entdeckt hat, zum Beispiel JWH für den Chemiker John W. Huffman, CP für die entdeckende Firma und HU für die Hebrew University.

Herstellung und Vertrieb

Die synthetischen Stoffe werden als Pulver oder Öl zu einer Lösung weiterverarbeitet und werden dann auf getrocknete Kräuter aufgesprüht. Anschließend wird die Mischung in kleinen, oft metallisch glänzenden Päckchen verkauft.

Neben diesen Kräutermischungen tauchen synthetische Cannabinoide inzwischen auch in E-Liquids für E-Zigaretten und Vaporizer auf. Diese Form ist bislang weniger verbreitet als die klassischen Rauchmischungen, ermöglicht aber eine diskrete, rauchfreie Inhalation und führt ebenfalls zu einem schnellen Wirkungseintritt – mit den gleichen Risiken einer unberechenbaren Dosierung.

Auf den Verpackungen finden sich oft Listen exotischer Pflanzen, die tatsächlich selten enthalten sind. In einigen Proben wurden stattdessen Zusätze wie Tocopherol (Vitamin E) nachgewiesen, vermutlich um die chemische Analyse der eigentlichen Wirkstoffe zu erschweren. Häufig enthalten die Mischungen mehrere Cannabinoide, was Wirkung und Risiko zusätzlich schwer vorhersehbar macht.

Wirkung und Risiken

Synthetische Cannabinoide binden – wie THC und der körpereigene Botenstoff Anandamid – an die Cannabinoid-Rezeptoren des Körpers. Manche, wie HU-210, tun dies jedoch um ein Vielfaches stärker als THC. Dadurch kommt es nicht nur zu intensiveren psychoaktiven Effekten, sondern häufig auch zu längeren und schwerer kontrollierbaren Rauschzuständen.

Die gesundheitlichen Risiken sind erheblich:

Über die langfristigen Folgen gibt es bislang nur begrenzte Daten. Vermutet werden unter anderem anhaltende psychische und neurologische Beeinträchtigungen bei regelmäßigem Konsum.[1,2]

Herausforderungen für Medizin und Strafverfolgung

Die rasche chemische Weiterentwicklung der Substanzen erschwert sowohl die Rechtsverfolgung als auch die Diagnostik im medizinischen Notfall.

Rechtliche Entwicklung

Lange Zeit waren die Substanzen nicht im Betäubungsmittelgesetz erfasst, was ihre frühe Verbreitung erleichterte. Mit dem Anstieg von Vergiftungsfällen und Klinikeinweisungen reagierten viele Länder: Ab 2009 wurden in Europa die ersten Wirkstoffe wie JWH-018 und CP-47,497 in die Drogengesetze aufgenommen und damit verboten.

In Deutschland ist Spice und der darin enthaltene Wirkstoffmix seitdem illegal; Besitz, Handel und Herstellung sind strafbar. Mit dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) von 2016 wurde zudem ein rechtlicher Rahmen geschaffen, der auch Gruppen von Substanzen erfasst, um dem ständigen Auftauchen neuer Varianten entgegenzuwirken.

Trotzdem bleibt es ein Katz-und-Maus-Spiel: Produzenten entwickeln immer wieder neue chemische Abwandlungen, die kurzfristig außerhalb bestehender Regelungen liegen.

Hinweis: Die rechtliche Lage bezieht sich auf den Stand in Deutschland (Oktober 2025). Änderungen, insbesondere im Rahmen der Cannabis-Gesetzgebung, können den Status bestimmter Cannabinoide beeinflussen.

Prävention und gesellschaftliche Herausforderungen

Die Verbreitung synthetischer Cannabinoide zeigt, wie dynamisch sich Drogenmärkte entwickeln können, wenn neue Substanzen rechtliche Lücken ausnutzen. Besonders problematisch ist, dass viele Konsumierende nicht wissen, welche Wirkstoffe und in welcher Konzentration in den Mischungen enthalten sind. Das erschwert nicht nur den individuellen Selbstschutz, sondern auch die Arbeit von Ärzt:innen, Lehrkräften und Präventionsprogrammen.

Wirksame Gegenmaßnahmen setzen daher nicht allein bei Verboten an, sondern erfordern eine Kombination aus frühzeitiger Aufklärung, zielgruppenspezifischen Präventionskampagnen und kontinuierlicher wissenschaftlicher Überwachung neuer Substanzen. Schulen, Jugendzentren und Einrichtungen der Suchthilfe spielen dabei ebenso eine Rolle wie ein gut vernetztes Frühwarnsystem, das Behörden und medizinische Einrichtungen zeitnah über neue Stoffe und deren Risiken informiert.


FAQ

Der Besitz synthetischer Cannabinoide ist in Deutschland nicht legal. Die meisten dieser Substanzen fallen unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) oder das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG). Wer sie besitzt, herstellt oder verkauft, macht sich strafbar. Da Hersteller ständig neue Varianten entwickeln, ändert sich die Rechtslage zwar laufend – in der Praxis sind diese Stoffe aber fast immer verboten.
In Deutschland sind nur nicht-psychoaktive Cannabinoide wie CBD oder CBG legal erhältlich, solange sie weniger als 0,3 % THC enthalten und nicht als Arzneimittel beworben werden. THC ist psychoaktiv und bleibt grundsätzlich verschreibungspflichtig, ist aber für medizinische Zwecke und in kleinen Mengen für Erwachsene teilweise legalisiert. Synthetische Cannabinoide wie JWH-018 oder AMB-FUBINACA sind dagegen verboten und fallen unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) oder das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG).
Als besonders stark gilt das halbsynthetische HU-210. Es bindet über 100-mal stärker an den CB1-Rezeptor als THC, der Hauptwirkstoff von Cannabis. Auch neuere Substanzen wie MDMB-4en-PINACA oder AMB-FUBINACA zählen zu den sehr potenten synthetischen Cannabinoiden. Bereits winzige Mengen können starke und unberechenbare Wirkungen auslösen. Wichtig: „Stärker“ bedeutet hier nicht „besser“, sondern höheres Risiko für akute Vergiftungen, Überdosierungen und lebensbedrohliche Nebenwirkungen.
Künstlich gewonnene Cannabinoide – oft auch synthetische Cannabinoide genannt – sind chemische Substanzen, die nicht aus der Cannabispflanze stammen, sondern im Labor hergestellt werden.
Spice ist schwer zu erkennen, weil es meist wie harmloses, getrocknetes Pflanzenmaterial aussieht und keinen typischen Cannabisgeruch hat. Einige Hinweise:

Verpackung: Oft kleine, bunte Folienbeutel mit exotischen Namen und irreführenden Pflanzenangaben.

Aussehen: Fein zerkleinertes, getrocknetes Kräutermaterial – unterscheidet sich optisch kaum von Räuchermischungen oder Tee.

Geruch: Beim Rauchen meist neutral oder chemisch, nicht wie Cannabis.

Wirkung: Setzt schnell ein, oft viel stärker und unberechenbarer als bei Cannabis; schon kleine Mengen können heftige Reaktionen auslösen. Ein sicherer Nachweis ist nur im Labor möglich, z. B. mit Flüssigchromatografie oder Massenspektrometrie, weil Zusammensetzung und Wirkstoffgehalt stark variieren.

Quellen

[1] European Union Drugs Agency (EUDA). (o. J.). Synthetische Cannabinoide: Drogenprofil. Abrufbar unter https://www.euda.europa.eu/publications/drug-profiles/synthetic-cannabinoids_de (Zuletzt aufgerufen am 28.09.2025)

[2] Suchtprävention Zürich. (2022). Synthetische Cannabinoide und ihre Risiken. Abrufbar unter https://suchtpraevention-zh.ch/wp-content/uploads/2022/02/Factsheet_Cannabinoide_2022.pdf (Zuletzt aufgerufen am 28.09.2025)

Cannabis als Rauschmittel

Heilmittel, Rohstoff, Droge: Cannabis ist alles zugleich – und seit der Legalisierung in Deutschland mitten in der gesellschaftlichen Debatte angekommen. Dieser Artikel erklärt, was hinter der Pflanze steckt, wie sie wirkt und wo Chancen und Risiken liegen.



Die Cannabis-Pflanze

Cannabis gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae) und wird seit Jahrtausenden genutzt – als Heilmittel, Rauschmittel und als Rohstoff etwa für Papier, Kleidung, Bio-Kraftstoff und Nahrungsmittel.

Die Hanfpflanze enthält mehr als 400 verschiedene chemische Substanzen, darunter über 100 Cannabinoide. Zu ihnen zählt das psychoaktive Tetrahydrocannabinol (THC), das für den Rausch verantwortlich ist. Daneben kommen weitere Stoffgruppen wie Terpenoide, Flavonoide und Fettsäuren vor, die Geruch, Geschmack und möglicherweise auch medizinische Wirkungen beeinflussen.

Hanf oder Cannabis – der Unterschied liegt im THC-Gehalt

Oft wird zwischen Hanf und Cannabis unterschieden, obwohl beide botanisch zur gleichen Art – Cannabis sativa L. – gehören. Der Unterschied zwischen Hanf und Cannabis liegt im THC-Gehalt: Sorten mit sehr niedrigem THC-Anteil (unter 0,2–0,3 Prozent) werden als Nutzhanf bezeichnet und seit Jahrhunderten legal für Fasern, Papier, Lebensmittel und Öl angebaut. Sie haben keine berauschende Wirkung. Als Cannabis gelten dagegen Sorten mit deutlich höherem THC-Gehalt, die als Rauschmittel oder für medizinische Zwecke genutzt werden können.

Cannabis-Pflanzen gibt es in männlicher und weiblicher Form, selten auch mit beiden Geschlechtsmerkmalen. Nur die weiblichen Blüten enthalten genug THC, um eine berauschende Wirkung zu entfalten.

Neben dem Freizeitkonsum wird Cannabis zunehmend auch medizinisch eingesetzt, etwa zur Behandlung von Epilepsie, chronischen Schmerzen oder Spastiken bei Multipler Sklerose.[1]

Geschichte in Kurzform

Cannabis gehört zu den ältesten bekannten Nutz- und Heilpflanzen der Menschheit. Bereits um 2800 v. Chr. wurde Hanf in China kultiviert – zunächst vor allem für praktische Zwecke wie die Herstellung von Seilen, Papier und Kleidung. Der legendäre chinesische Kaiser Shen Nung, oft als Vater der traditionellen chinesischen Medizin bezeichnet, führte die Pflanze in seiner Arzneisammlung als Heilmittel auf.

Über Indien, wo Cannabis seit Jahrtausenden auch als kultische Substanz verehrt und als „Bhang“ in religiösen Riten verwendet wurde, gelangte die Pflanze in den Mittleren und Nahen Osten und schließlich nach Europa. Antike Schriften der Inder, Assyrer, Griechen und Römer erwähnen ihre medizinische Nutzung, etwa gegen Schmerzen, Entzündungen oder Appetitlosigkeit.

In Europa blieb Cannabis lange vor allem ein Faser- und Heilmittel. Seine Rauschwirkung wurde erst im 19. Jahrhundert bekannter. In Deutschland und anderen westlichen Ländern stieg Cannabis seit den 1970er-Jahren zur nach Alkohol am häufigsten konsumierten illegalen Droge auf.[2]

Unser Tipp: Mehr zur Geschichte liest du in unserem Artikel "Woher kommt Cannabis ursprünglich?".

Infografik mit dem Titel „Was ist schlechter für die Gesundheit?“.
Links wird Alkohol dargestellt mit der Beschreibung: „Erhöht das Risiko von Organschäden, Aggression und Unfällen.“
Rechts wird Cannabis dargestellt mit der Beschreibung: „Kann Angst und psychische Probleme verursachen, aber weniger akut lebensbedrohlich.“
In der Mitte befindet sich ein „vs“-Symbol, das den Vergleich zwischen beiden Substanzen verdeutlicht.

Konsum von Cannabis: Herstellung und Darreichungsform

Cannabis wird heute in ganz unterschiedlichen Formen konsumiert. Am verbreitetsten ist das Rauchen oder Verdampfen der Blüten beziehungsweise harzreichen Blätter der Pflanze. Daneben spielt Haschisch, das aus dem Harz der Blütenstände gepresst wird, eine Rolle. Immer häufiger kommen außerdem konzentrierte Extrakte zum Einsatz – dazu zählen etwa „Dabs“ oder Öle, die aus den Wirkstoffen der Pflanze gewonnen werden und deutlich potenter sind als die getrockneten Blüten.

Die Herstellung dieser Produkte ist vergleichsweise einfach: Nach dem Anbau werden die weiblichen Blüten geerntet und getrocknet – in dieser Form spricht man von Cannabisblüten. Vor dem Konsum werden sie in der Regel zerkleinert, um sie einfacher rauchen oder verdampfen zu können. Für Haschisch [...], "Dabs" oder "Wax" wird durch die Extraktion des Harzes mit Lösungsmitteln hergestellt.

Die gängigste Konsumform ist nach wie vor der Joint: fein zerkleinertes Cannabis oder Haschisch wird oft mit Tabak vermischt und zu einer “Zigarette” gerollt. Beliebt sind auch Pfeifen oder Wasserpfeifen (auch Bongs genannt), bei denen der Rauch anders gekühlt und gefiltert wird – was den Rausch intensiver und oft auch schneller spürbar macht.

Vom Joint bis zu Edibles – verschiedene Wege des Konsums

Neben dem Rauchen gewinnen essbare Produkte – also Edibles – zunehmend an Bedeutung: Cannabis wird in Tee aufgekocht oder in Lebensmitteln wie Brownies oder Gummibärchen verarbeitet. Diese Art des Konsums wirkt langsamer, weil der Wirkstoff erst im Verdauungstrakt aufgenommen wird, kann dafür aber deutlich länger und manchmal stärker anhalten. Das macht die Dosierung schwieriger und birgt das Risiko einer ungewollt hohen Wirkung.

Unser Tipp: Mehr zur Herstellung von Edibles erfährst du in unserem Artikel "Cannabis-Decarboxylierung: So funktioniert es".

In den vergangenen Jahren sind zudem Vaporizer und E-Zigaretten populär geworden. Sie erhitzen Blüten oder Konzentrate, anstatt sie zu verbrennen. Dadurch entsteht weniger Rauch, aber der THC-Gehalt kann bei modernen Konzentraten sehr hoch sein.

Wie stark und wie schnell Cannabis wirkt, hängt von der Konsumform, der Dosis und dem THC-Gehalt des Produkts ab. Moderne Züchtungen und Extrakte enthalten heute oft ein Vielfaches des THC-Gehalts älterer Sorten, was das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen wie etwa Angst oder Kreislaufprobleme erhöhen kann.

Cannabis-Konsum: Wirkung von THC und CBD

Die Effekte von Cannabis gehen vor allem auf zwei Substanzen zurück: Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Während THC für die psychoaktiven Effekte verantwortlich ist – also für das typische „High“ – wirkt CBD nicht berauschend. Beide Stoffe binden an bestimmte Rezeptoren im Körper, die sogenannten Cannabinoid-Rezeptoren.[3]

Diese Rezeptoren sind Teil des Endocannabinoid-Systems, das der Körper selbst betreibt. Es spielt eine Rolle bei der Regulierung von Schmerz, Appetit, Stimmung und Gedächtnis. CB1-Rezeptoren sitzen überwiegend im Gehirn und Nervensystem, CB2-Rezeptoren hauptsächlich im Immunsystem und werden bei Entzündungen und Krankheiten aktiv. THC beeinflusst vor allem die CB1-Rezeptoren und sorgt damit für Rausch, veränderte Wahrnehmung und auch Nebenwirkungen wie Angst oder Kreislaufprobleme. CBD wirkt eher an CB2-Rezeptoren und kann zum Beispiel entzündungshemmende Effekte haben.[3][8]

Vom Rezeptor bis zum Rausch

Wie schnell und intensiv Cannabis wirkt, hängt stark von der Konsumform ab. Beim Rauchen oder Verdampfen gelangt THC innerhalb von Minuten über die Lunge ins Blut und von dort direkt ins Gehirn. Die Wirkung setzt rasch ein, erreicht innerhalb von 10 Minuten ihren Höhepunkt und klingt nach einigen Stunden ab. Bei essbaren Produkten wie Brownies oder Tees wird THC zunächst über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen und in der Leber umgewandelt. Dadurch dauert es länger, bis die Wirkung eintritt – sie kann sich erst nach 30 bis 90 Minuten bemerkbar machen –,kann deutlich intensiver sein und ist schwerer vorhersehbar.

Sowohl THC als auch CBD sind fettlöslich. Das bedeutet, dass sie sich im Fettgewebe des Körpers einlagern und von dort langsam wieder freigesetzt werden. Deshalb bleiben sie auch nach dem Rausch noch längere Zeit im Körper nachweisbar. Bei gelegentlichem Konsum beträgt die Halbwertszeit von THC im Blut ein bis drei Tage, bei regelmäßigem Konsum kann sie fünf bis 13 Tage betragen. CBD verteilt sich ebenfalls rasch in Fettgewebe und Organen, hat aber eine kürzere Halbwertszeit von etwa 18 bis 32 Stunden.

Cannabis kann zudem die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen. THC beschleunigt in manchen Fällen deren Abbau und schwächt so die Wirkung, während CBD den Abbau hemmen und dadurch die Effekte verstärken oder Nebenwirkungen verstärken kann. Das ist vor allem bei Menschen mit Dauermedikation relevant und sollte ärztlich berücksichtigt werden.[3]

Der Cannabis-Rausch: Wie wirkt sich Cannabis auf den Körper aus?

Der Konsum von Cannabis löst nicht nur körperliche Reaktionen aus, sondern verändert auch das Erleben und Verhalten. Viele Konsumierende berichten zunächst von Euphorie, Entspannung und einem angenehmen Schweregefühl. Häufig verändert sich auch die Wahrnehmung von Zeit und Raum – Stunden können sich wie Minuten anfühlen. Manche beschreiben eine gesteigerte Sinneswahrnehmung, etwa bei Musik oder Farben.

Doch der Rausch ist nicht immer nur angenehm. Gerade bei höheren Dosen oder bei unerfahrenen Konsumierenden können Unruhe, Angstgefühle oder sogar Panik und paranoide Gedanken auftreten. Die Konzentrations- und Lernfähigkeit sinkt, und auch das Kurzzeitgedächtnis kann vorübergehend beeinträchtigt sein.

Körperliche Reaktionen auf Cannabis

Auch der Körper reagiert: Typische Anzeichen sind schnellere Herzschlagfrequenz, leichter Abfall des Blutdrucks, gerötete Augen, sowie ein trockener Mund und Hals. Viele – vor allem unter denen, die nicht regelmäig Cannabis konsumieren – verspüren außerdem Heißhunger („Munchies“). Gleichzeitig verlangsamt sich oft die Atemfrequenz, und die Blutgefäße erweitern sich, was zu einem warmen, manchmal auch schwindeligen Gefühl führen kann.

Bei regelmäßigem oder starkem Konsum können sich zudem Lunge und Atemwege langfristig schädigen, besonders beim Rauchen. Auch das Immunsystem und das Hormonsystem werden durch die Substanz beeinflusst. In Untersuchungen fanden sich darüber hinaus Veränderungen in den elektrischen Hirnströmen (EEG).

Der Cannabis-Rausch ist also ein vielschichtiges Erlebnis: Für manche entspannend und angenehm, für andere verstörend – und immer mit deutlichen Effekten auf Körper und Psyche verbunden.[4]

Infografik mit dem Titel „Was ist schlechter für die Gesundheit?“.
Links wird Alkohol dargestellt mit der Beschreibung: „Erhöht das Risiko von Organschäden, Aggression und Unfällen.“
Rechts wird Cannabis dargestellt mit der Beschreibung: „Kann Angst und psychische Probleme verursachen, aber weniger akut lebensbedrohlich.“
In der Mitte befindet sich ein „vs“-Symbol, das den Vergleich zwischen beiden Substanzen verdeutlicht.

Was ist schlimmer – ein Cannabis-Rausch oder ein Alkohol-Rausch?

Die Frage taucht immer wieder auf – und die Forschung liefert eine recht klare Antwort: Ein Rausch durch Alkohol ist in der Regel gefährlicher als ein Rausch durch Cannabis. Alkohol wirkt zelltoxisch, greift Nervenzellen an und schädigt langfristig Organe wie Leber, Herz und Gehirn. Er führt häufiger zu Kontrollverlust, aggressivem Verhalten, Unfällen und kann bei hoher Dosis lebensbedrohlich werden.

Cannabis hingegen kann vor allem die Signalübertragung im Gehirn verändern. Akute Risiken wie Angst- oder Panikattacken, Kreislaufprobleme oder eingeschränktes Reaktionsvermögen sind möglich, doch eine lebensgefährliche Überdosierung ist extrem selten. Langfristig kann Cannabis – insbesondere bei Jugendlichen – die Gehirnentwicklung beeinträchtigen und das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen. Im direkten Vergleich gilt Alkohol jedoch als der deutlich zerstörerischere Stoff – sowohl biologisch als auch gesellschaftlich.[5]

Unser Tipp: Mehr zum Thema findest du in unserem Artikel "Cannabis und Alkohol - Das passiert beim Mischkonsum".

Verändert Cannabis die Persönlichkeit?

Ob Cannabis den Charakter „verändert“, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Die Forschung legt nahe: Die Substanz formt die Persönlichkeit nicht grundlegend um, kann aber bestimmte Verhaltensmuster beeinflussen. Menschen mit problematischem Konsum zeigen in Studien häufiger emotionale Empfindlichkeit und Offenheit für neue Erfahrungen, sind zugleich aber oft weniger diszipliniert und ordnungsliebend. Diese Eigenschaften scheinen eher das Risiko für problematischen Konsum zu erhöhen, als dass Cannabis sie selbst hervorruft.[6]

Auch das hartnäckige Klischee der „Null-Bock-Haltung“ hält einer genaueren Prüfung nicht stand. Untersuchungen deuten darauf hin, dass Highsein oft mit positiven Gefühlen wie Gelassenheit oder Inspiration verbunden ist und nicht zwangsläufig die Motivation bremst. Allerdings kann unter Einfluss von Cannabis die Selbstkontrolle kurzfristig nachlassen.[7]

Seit dem 1. April 2024 ist Cannabis in Deutschland für Erwachsene teilweise legal:

THC – Droge oder legales Genussmittel?

Trotz der teilweisen Legalisierung gilt Cannabis weiterhin als psychoaktive Droge. Die Einstufung als Droge hängt nicht vom rechtlichen Status, sondern von der Wirkung auf das zentrale Nervensystem und dem Suchtpotenzial ab. Legalisierung bedeutet also nicht Harmlosigkeit – sie soll vor allem den Schwarzmarkt eindämmen, den Jugendschutz verbessern und den Zugang zu kontrollierten Produkten ermöglichen.


Quellen

[1] Lambert Initiative for Cannabinoid Therapeutics. (o. J.). The cannabis plant: A brief introduction to cannabis, cannabinoids and terpenoids. University of Sydney. Abgerufen am [28.09.2025], https://www.sydney.edu.au/lambert/medicinal-cannabis/the-cannabis-plant.html

[2] Lambert Initiative for Cannabinoid Therapeutics. (o. J.). History of cannabis. The history of the cannabis plant. Abgerufen am [28.09.2025], https://www.sydney.edu.au/lambert/medicinal-cannabis/history-of-cannabis.html

[3] Chayasirisobhon, S. (2020). Mechanisms of action and pharmacokinetics of cannabis. The Permanente Journal, 25, 1–3.

[4] Sharma, P., Murthy, P., & Bharath, M. M. (2012). Chemistry, metabolism, and toxicology of cannabis: Clinical implications. Iranian Journal of Psychiatry, 7(4), 149–156.

[5] University of Cologne. (2023, 10 April). What is more harmful – alcohol or cannabis? Universität zu Köln.

[6] Fridberg, D. J., Vollmer, J. M., O’Donnell, B. F., & Skosnik, P. D. (2011). Cannabis users differ from non-users on measures of personality and schizotypy. Psychiatry Research, 186(1), 46–52.

[7] Inzlicht, M., Sparrow-Mungal, T. B., & Depow, G. J. (2024). Chronic cannabis use in everyday life: Emotional, motivational, and self-regulatory effects of frequently getting high. Social Psychological and Personality Science, 16(1), 3–14.[8] Atalay, S., Jarocka-Karpowicz, I., & Skrzydlewska, E. (2019). Antioxidative and anti-inflammatory properties of cannabidiol.Antioxidants, 9(1), 21.

Therapie im Rausch – Wie das Cannabis-High die Wirkung beeinflussen kann

Der Begriff ist populär, der Zustand vielschichtig: Doch was bedeutet es eigentlich, „high“ zu sein – und welchen Einfluss hat dieses Gefühl auf die medizinische Wirkung von Cannabis? Neue Studien stellen verbreitete Annahme infrage.



Was genau passiert, wenn man „high“ vom Cannabiskonsum ist? Der Begriff ist in aller Munde, doch das Erleben selbst bleibt schwer greifbar – ein Zustand zwischen Leichtigkeit und Verlorenheit, Euphorie und Irritation. In der Popkultur ist das High ein Mythos, in der medizinischen Praxis eine Randnotiz: eine Begleiterscheinung, mal toleriert, mal verdrängt.

Wer Cannabis auf Rezept nutzt, hofft auf Wirkung – weniger Schmerzen, besserer Schlaf, mehr Ruhe. Dass dabei auch ein veränderter Bewusstseinszustand eintreten kann, wird selten zum Thema gemacht. Rausch passt nicht ins Bild der rationalen, kontrollierten Medizin. Und doch stellt sich eine unbequeme Frage: Was, wenn gerade dieser Zustand – das High – Teil der Wirkung ist?

Eine neue Studie rückt diesen Aspekt ins Zentrum. Sie analysiert, wie sich das subjektive Erleben eines Highs auf die medizinische Wirksamkeit auswirkt – und kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis: Patient:innen, die sich high fühlten, profitierten messbar stärker von ihrer Cannabisbehandlung.[1]

Bevor wir zu diesen Daten kommen, lohnt ein Blick dorthin, wo alles beginnt: ins Erleben selbst. Denn was bedeutet es eigentlich, "high" zu sein?

Wie sich ein Cannabis-High anfühlt

Es ist ein Zustand, der sich nur schwer in Worte fassen lässt – und doch versuchen Menschen es seit Jahrhunderten: das Gefühl, „high“ zu sein. Der Effekt von Cannabis, genauer: von Delta-9-Tetrahydrocannabinol, kurz THC, scheint sich der Sprache zu entziehen. Er ist flüchtig, diffus, seltsam vertraut und doch fundamental anders als der nüchterne Alltag.

Eine aktuelle Studie bringt Licht in dieses subjektive Dunkel. In einem kontrollierten Experiment erhielten 25 gesunde Erwachsene geringe bis mittlere Mengen THC in Kapsel-Form – 7,5 oder 15 Milligramm. Keine Musik, kein Joint, kein Rausch-Ritual. Nur der Stoff selbst, unter Laborbedingungen. Die Frage lautete: Was macht THC mit unserem Bewusstsein? [2]

Die Antwort ist so überraschend wie präzise: THC verändert das Denken, Fühlen und Wahrnehmen auf vielfältige Weise – und zwar auf eine Art, die an klassische Psychedelika erinnert. [2]

Der Blick nach innen

Teilnehmende beschrieben ein verändertes Verhältnis zur Zeit: Minuten dehnten sich, Gedanken flackerten auf, verloren den Faden, kehrten zurück. Manche sprachen von intensiven inneren Einsichten. Ein Zitat aus der Studie: „Das Interface zwischen mir und mir… der handelnde und der beobachtende Teil.“ Ein anderes: „Zeit ist verwirrend.“

Auch das Körpergefühl veränderte sich. Viele fühlten sich ihrer Atmung, ihrem Herzschlag, sogar ihrer Gedanken bewusster. Achtsamer, könnte man sagen – aber nicht im Sinne der produktiven Selbstoptimierung. Sondern in einem ursprünglicheren Sinn: Gegenwärtigkeit, die einen überkommt.[2]

Worte verlieren ihre Ordnung

Bemerkenswert ist auch, wie THC die Sprache verändert. Die Forschenden analysierten schriftliche Berichte mithilfe von künstlicher Intelligenz. Das Ergebnis: Die Sprache wurde chaotischer, bildhafter, assoziativer – vergleichbar mit Drogen, wie LSD oder Psilocybin. Das Gehirn schweift ab, kombiniert Dinge, die im nüchternen Zustand nicht zueinander gehören. Aus Sicht der Wissenschaft nennt man das: erhöhte sprachliche Entropie. Aus Sicht der Betroffenen: ein merkwürdig träumerischer Zustand.[2]

Zwischen Erkenntnis und Irritation

Was folgt aus all dem? Ein High ist nicht bloß ein Rausch. Es scheint ein veränderter Bewusstseinszustand zu sein, vergleichbar mit Meditation, Tagträumen oder psychedelischen Erfahrungen – je nach Dosierung und Person. Es könnte kreativ machen, Erkenntnisse ermöglichen, achtsam stimmen. Aber auch verwirren, verunsichern, zurückwerfen auf sich selbst.[2]

Cannabis-High als Teil des therapeutischen Effekts?

Und was, wenn genau dieses „High“ Teil des therapeutischen Effekts ist? Eine neue Studie, veröffentlicht 2023 und basierend auf über 16.000 realen Konsumsituationen medizinischer Cannabispatient:innen, legt genau das nahe. Demnach war das subjektive Erleben eines Highs signifikant mit einer stärkeren Symptomlinderung verbunden – insbesondere bei chronischen Schmerzen, Depressionen, Ängsten und Müdigkeit. In knapp der Hälfte der dokumentierten Behandlungsfälle wurde ein High berichtet.[1]

Cannabinoid-Rezeptoren und die Wirkung von Cannabis

Für die medizinische Wirkung von Cannabis auf den Körper sind verschiedene Stoffe verantwortlich, vor allem das Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC dockt im Gehirn an sogenannte Cannabinoid-Rezeptoren (CB1) an, die an der Regulation von Stimmung, Gedächtnis und motorischer Kontrolle beteiligt sind. Diese THC-Wirkung betrifft nicht nur einzelne Hirnareale – sie beeinflusst ganze Netzwerke.

Dabei entsteht das, was landläufig als "High" bezeichnet wird: eine veränderte Selbst- und Sinneswahrnehmung, ein Gefühl von Losgelöstheit, mitunter auch eine Störung der kognitiven Funktionen. In der medizinischen Literatur wurde dieses Phänomen bislang selten systematisch untersucht – zu sehr schien es der Vorstellung von therapeutischer Nüchternheit zu widersprechen. Die neue Studie liefert nun erste Daten, die diese Sichtweise erweitern.

Grafik zum therapeutischen Nutzen eines Cannabis-Highs: Vergleich zwischen Therapiesitzungen mit und ohne Cannabis-High. Sitzungen mit High zeigen eine erhöhte Symptomreduktion, während Sitzungen ohne High mit geringerer Wirkung einhergehen.

Symptomlinderung durch veränderte Wahrnehmung?

In der Studie analysierten Forschende App-Daten von 1.882 Patient:innen, die über mehrere Jahre hinweg ihre Cannabisbehandlungen dokumentierten – darunter Angaben zur konsumierten Sorte, zur Dosis, zur Konsumform, zum subjektiven Befinden vor und nach der Einnahme sowie zu auftretenden Nebenwirkungen. Das Ergebnis: In jenen Sitzungen, in denen sich Patient:innen „high“ fühlten, war die durchschnittliche Symptomreduktion um 7,7 Prozent höher als in den Sitzungen ohne High.[1]

Dieser Zusammenhang blieb auch dann bestehen, wenn Faktoren wie THC-Gehalt, Dosis und Konsumform statistisch herausgerechnet wurden. Das spricht dafür, dass nicht der Wirkstoffgehalt allein, sondern das subjektive Erleben – also der bewusst erlebte Zustand des Highs – mit einer verstärkten Symptomlinderung assoziiert ist. Besonders deutlich war dieser Effekt bei jüngeren Patient:innen unter 40 Jahren.[1]

Mehr Cannabis-Wirkung, mehr Nebenwirkungen

Das High kam allerdings nicht ohne Preis: Die Wahrscheinlichkeit, in der jeweiligen Sitzung negative Nebenwirkungen wie Schwindel, Verwirrung oder Paranoia zu erleben, stieg im Vergleich zur Kontrollgruppe um 14 Prozent. Auch positive Effekte wie Entspannung und ein Gefühl von Friedlichkeit wurden vermehrt angegeben – allerdings in geringerem Ausmaß. Auffällig war zudem: Der Cannabiskonsum über Vaporizer war am wenigsten mit dem Erleben eines Highs verbunden, unabhängig vom THC-Gehalt.[1]

Interessant ist auch, dass die THC-Konzentration zwar ein guter Prädiktor für das Auftreten eines Highs war – sie erklärte aber nicht vollständig, warum manche Patient:innen sich high fühlten und andere nicht. Hier scheinen auch Konsumform, Dosis, individuelle Toleranz und möglicherweise andere Inhaltsstoffe wie Terpene und weitere Cannabinoide eine Rolle zu spielen.[1]

Ein therapeutischer Zustand?

Die Autor:innen der Studie stellen eine These auf, die über die reine Datenanalyse hinausweist: Das High könnte selbst Teil der medizinischen Wirkung sein – insbesondere bei jenen Erkrankungen, die mit belastenden inneren Zuständen einhergehen. Bei chronischem Schmerz, Depression oder Angst bestehe das therapeutische Ziel nicht nur in der Unterdrückung eines Symptoms, sondern in der Veränderung der erlebten Wahrnehmung. In solchen Fällen könnte das High mehr sein als ein Nebenprodukt – es wäre Teil des Wirkprinzips.[1]

Dabei erinnern die Autoren an andere Substanzklassen, bei denen vergleichbare Effekte bewusst in Kauf genommen werden: Auch Opiate, Benzodiazepine oder Psychostimulanzien verändern das Bewusstsein – teils als Nebenwirkung, teils als intendierter Bestandteil der Therapie. Das High von Cannabis reiht sich in diese Tradition ein – mit dem Unterschied, dass es bislang kaum wissenschaftlich definiert ist.[1]

Illustration zur Balance zwischen THC-Dosis und Wirkung: Die Grafik zeigt, wie hohe THC-Konzentrationen zu verstärkten Nebenwirkungen und intensiven Bewusstseinsveränderungen führen können, während eine ideale THC-Dosis ein ausgewogenes Cannabis-High mit minimalen Nebenwirkungen ermöglicht.

Zwischen Symptom und Subjekt

Mara Musterfrau, Cannabis Expertin & Senior Scientific Affairs Managerin bei avaay Medical zieht ein Resümee:

"Die Studie eröffnet einen differenzierteren Blick auf die medizinische Anwendung von Cannabis: Sie zeigt, dass subjektives Erleben und klinische Wirkung nicht unabhängig voneinander zu betrachten sind. Sie macht deutlich, dass therapeutische Wirksamkeit nicht nur messbar, sondern auch spürbar sein muss – und dass diese Spürbarkeit möglicherweise entscheidend für den Behandlungserfolg ist. Gleichzeitig verweist sie auf die Grenzen gegenwärtiger Produktentwicklung. Der Trend zu immer höheren THC-Konzentrationen könnte zwar die Wahrscheinlichkeit eines Highs erhöhen, aber auch die Nebenwirkungen verstärken. Für viele Patient:innen dürfte die ideale Dosis jene sein, die genau das Maß an Bewusstseinsveränderung erzeugt, das nötig ist – nicht mehr, nicht weniger."

Was bleibt

Das High scheint nicht bloß ein Rausch zu sein, sondern könnte ein Zustand veränderter Wahrnehmung, mit therapeutischem Potenzial und klinischen Risiken sein. Die Studie zeigt: Für viele Patient:innen ist dieses Gefühl kein Hindernis auf dem Weg zur Linderung – sondern könnte ein Teil davon sein. Die Frage ist also nicht, ob das High dazugehört. Sondern: Wie wir damit umgehen.


FAQ

"High" vs. "Stoned" – was ist der Unterschied?

Die Begriffe werden oft synonym verwendet, beschreiben aber unterschiedliche Facetten des Cannabis-Erlebens. „High“ bezeichnet meist die anfängliche Phase nach dem Konsum – eine geistig angeregte, oft euphorische und kreative Stimmung, in der Gedanken fließen und die Wahrnehmung geschärft wirkt. „Stoned“ hingegen steht eher für den nachfolgenden Zustand: eine körperliche Schwere, entspannte Muskeln, Trägheit – bis hin zur Schläfrigkeit.

Macht medizinisches Cannabis "high"?

Manche Patient:innen erleben ein sogenanntes „High“ – andere nicht. Ob medizinisches Cannabis eine berauschende Wirkung entfaltet, hängt nicht allein vom THC-Gehalt ab. Zwar gilt THC als Hauptverantwortlicher für psychoaktive Effekte, doch auch Dosis, Konsumform, individuelle Toleranz und weitere Inhaltsstoffe wie Terpene beeinflussen laut aktuellem Forschungsstand, ob und wie stark ein Rausch empfunden wird.[3] In der medizinischen Anwendung wird die Dosierung so gewählt, dass der therapeutische Nutzen im Vordergrund steht. Ein High kann auftreten – muss aber nicht.

Wie fühlt sich ein Cannabis-High an?

Ein Cannabis-High ist schwer in Worte zu fassen – und doch von vielen wiedererkennbar. Betroffene berichten von einem veränderten Zeiterleben, intensiverem Körpergefühl, erhöhter Wahrnehmung, manchmal auch von innerer Klarheit oder gedanklicher Weite. Die Stimmung kann euphorisch, verträumt oder auch nachdenklich sein. Sprache wird oft assoziativer, Gedanken springen schneller, Geräusche oder Farben wirken intensiver. Manche erleben das High als kreativitätsfördernd, andere als verlangsamend oder verwirrend. Es ist ein subjektiver Zustand, der sich je nach Dosis, Umgebung und psychischer Verfassung sehr unterschiedlich anfühlen kann.

Wie lange dauert ein High nach Cannabis-Konsum an?

Die Dauer eines Highs variiert – je nachdem, wie das Cannabis konsumiert wird und wie stark es ist. Laut wissenschaftlichen Einschätzungen kann die Beeinträchtigung der Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit zwischen drei und zehn Stunden anhalten.

Kann ich beim Passivrauchen von Cannabis "high" werden?

Unter normalen Bedingungen ist das sehr unwahrscheinlich. Beim Passivrauchen wird nur ein Bruchteil des in der Luft befindlichen THC eingeatmet – meist zu wenig, um eine spürbare Wirkung hervorzurufen. In gut belüfteten Räumen oder im Freien ist das Risiko, ein High zu erleben, nahezu ausgeschlossen. Dennoch gilt: Cannabisrauch enthält psychoaktive Substanzen, und der Kontakt damit ist – insbesondere für Kinder, Schwangere oder vulnerable Personen – nicht unbedenklich.


Quellen

[1] Stith, S. S., Li, X., Brockelman, F., Keeling, K., Hall, B., & Vigil, J. M. (2023). Understanding feeling "high" and its role in medical cannabis patient outcomes. Frontiers in Pharmacology, 14, 1135453.

[2] Murray, C. H., & Srinivasa-Desikan, B. (2022). The altered state of consciousness induced by Δ9-THC. Consciousness and Cognition, 102, 103357.

[3] Christensen, C., Rose, M., Cornett, C., & Allesø, M. (2023). Decoding the postulated entourage effect of medicinal cannabis: What it is and what it isn't. Biomedicines, 11(8), 2323.[4] McCartney, D., Arkell, T. R., Irwin, C., & McGregor, I. S. (2021). Determining the magnitude and duration of acute Δ⁹-tetrahydrocannabinol (Δ⁹-THC)-induced driving and cognitive impairment: A systematic and meta-analytic review. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 126, 175–193.

Hype vorbei: Darum hat Deutschland HHC verboten

Lange war es nur ein Schatten auf dem Radar der Drogenpolitik – ein chemisches Derivat, kaum erforscht, doch plötzlich allgegenwärtig: HHC, kurz für Hexahydrocannabinol, avancierte binnen weniger Monate vom Nischenstoff zum Trendprodukt. In Vapes und E-Zigaretten, Gummibärchen, Ölen, Kapseln und als Blüten war das teilsynthetische Cannabinoid leicht erhältlich – in Shops, auf Messen, online. Nun ist Schluss: Seit dem 27. Juni 2024 ist der Handel mit HHC und verwandten Stoffen in Deutschland verboten. Doch was genau führte zu diesem Schritt? Und was bedeutet das für Konsument:innen, Politik und Markt?

Zwischen Labor und Natur: Was ist HHC – und wie wirkt es im Körper?

HHC (Kurzform für Hexahydrocannabinol) ist ein sogenanntes halbsynthetisches Cannabinoid. Es kommt zwar in Spuren natürlich in der Cannabispflanze vor, wird für die kommerzielle Nutzung aber im Labor erzeugt – meist durch Hydrierung, also die Anlagerung von Wasserstoff an THC oder Delta-8-THC. Das macht HHC stabiler gegenüber Licht, Sauerstoff und Hitze – ideal für industrielle Verarbeitung, doch medizinisch bislang kaum untersucht.

Konsument:innen berichten – unter anderem auf TikTok und Co. – von Effekten, die an THC erinnern: entspannend, leicht berauschend, stimmungsaufhellend. Doch wie stark und wie sicher HHC wirkt, hängt maßgeblich davon ab, welche Form des Moleküls vorliegt – eine bislang wenig bekannte Tatsache.

Eine neue Studie zeigt: HHC ist nicht gleich HHC

Die jüngste wissenschaftliche Untersuchung (2023) bringt Licht ins Dunkel. Forschende haben gezeigt, dass bei der Herstellung von HHC zwei unterschiedliche Formen, sogenannte Isomere, entstehen:

Viele Produkte auf dem Markt enthalten eine nicht deklarierte Mischung beider Formen – in teils stark variierenden Verhältnissen. In über 60 untersuchten HHC-Produkten lagen die Anteile von (9R)-HHC bei nur 15 bis zu 70 %. Wirkung und Risiko eines HHC-Produkts sind kaum vorhersehbar.[1]

Grafik zeigt ein stilisiertes menschliches Profil mit dem Text: ‚Wie kann welches HHC-Produkt auf den Menschen wirken?‘. Drei Pfeile führen vom Kopf nach rechts zu drei Einflussfaktoren: 1) Anteile der HHC-Isomere (9R und 9S), 2) Verunreinigungen wie Schwermetalle, 3) individuelle Unterschiede im Stoffwechsel. Die Grafik verdeutlicht, dass die Wirkung von HHC-Produkten schwer vorhersehbar ist.

Unsichtbare Risiken: Was im Körper geschieht

Nach dem Konsum – ob als Vape, Öl oder Edible – bindet HHC im Körper an dieselben Rezeptoren wie THC. Die Wirkung hängt jedoch davon ab, welche Isomerform enthalten ist. Die Studie aus 2023 zeigt: Nur eine der beiden möglichen Formen, das sogenannte (9R)-HHC, entfaltet überhaupt eine signifikante Wirkung. Die zweite, (9S)-HHC, ist biologisch weitgehend inaktiv – wird aber in vielen Produkten dennoch in hohem Anteil mitverkauft.

Im Körper wird HHC weiter verstoffwechselt, insbesondere in der Leber. Dort entsteht unter anderem 10-OH-HHC, ein bislang kaum erforschter Metabolit, dem eine schnellere und möglicherweise stärkere Wirkung zugeschrieben wird. Auch hier gilt: Diese Annahmen basieren bislang auf wenigen theoretischen Überlegungen und ersten Anhaltspunkten aus der Labormedizin.

Die neue Studie macht deutlich, wie wenig wir tatsächlich über die Prozesse im Körper wissen. Es fehlen klinische Studien, es fehlen systematische Untersuchungen zur Pharmakokinetik, zur Toxizität, zu Wechselwirkungen – kurz: fast alles, was für eine gesundheitliche Bewertung eigentlich notwendig wäre.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Bei der klassischen Herstellung von HHC werden Metallkatalysatoren wie Palladium, Nickel oder Platin eingesetzt. Diese können – wenn nicht vollständig entfernt – Schwermetalle im Endprodukt hinterlassen. Und auch hier zeigt sich ein alarmierender Befund der Studie: Viele Labore testen überhaupt nicht auf diese Metalle, weil dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Der potenzielle Schaden? Unbekannt – aber nicht auszuschließen.[1]

HHC-Verbot: Eine juristische Grauzone und ihre Schließung

Für einige Monate schien HHC ein Glücksfall für findige Herstellende: nicht vom Betäubungsmittelgesetz (BtMG) erfasst, dennoch psychoaktiv. Bereits 18-jährige konnten HHC-Produkte legal im Netz, in speziellen Shops oder einfach am Kiosk erwerben. Die Substanz war damit ein Stoff ohne Sicherheitsnetz: frei verkäuflich, ohne Qualitätsstandards oder medizinische Bewertung.

Doch mit der zunehmenden Verbreitung wuchs auch der politische Druck. Spätestens seit Dezember 2022 wurde HHC von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht ins Visier genommen. Im Februar 2024 legte das Bundesgesundheitsministerium einen Referentenentwurf zum Verbot vor.

Am 14. Juni 2024 beschloss der Bundesrat die entsprechende Änderung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG). Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt folgte am 26. Juni – mit Inkrafttreten am 27. Juni 2024.

HHC in Deutschland – was ist nun verboten?

Die aktuelle Verordnung betrifft nicht nur HHC selbst, sondern eine ganze Gruppe verwandter Stoffe:

Seit dem 27. Juni 2024 ist es in Deutschland strafbar, diese Substanzen herzustellen, zu erwerben, zu verkaufen, zu importieren oder zu exportieren. Auch Onlinehandel und Postversand sind betroffen.

Wichtig: Besitz und Konsum bleiben verboten und werden nicht bestraft. Konsument:innen müssen also keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten – möglicherweise aber gesundheitliche.

Warum das Verbot kam: Gesundheit, Jugend, Prävention

Die Bundesregierung begründet den Schritt mit einer Vielzahl von Risiken:

Der Markt reagiert: Neue Alternativen, alte Probleme

Wie bei jeder juristischen Nachbesserung beginnt unmittelbar danach das nächste Kapitel: Die Suche nach legalen Derivaten.

10-OH-HHC etwa wird derzeit als legal vermarktet. Es handelt sich um ein körpereigenes Stoffwechselprodukt von HHC, das durch das Enzym Cytochrom P450 in der Leber gebildet wird. Erste Nutzer:innen berichten von schnellerer und intensiverer Wirkung, da der Umwandlungsschritt im Körper entfällt. Ob 10-OH-HHC tatsächlich unter das Verbot fällt, ist juristisch derzeit ungeklärt.

Weitere Substanzen wie H4CBD (hydriertes CBD) oder Cannabinoide wie CBG, CBN, CBDP oder CBC sind nach wie vor legal erhältlich – und werden zunehmend als Alternativen beworben. Doch auch hier gilt: Die Studienlage ist oft dürftig, die Risiken nicht abschließend erforscht.

Medizinisches Cannabis: Ein Kontrastprogramm

Adele, Cannabis Expertin & Senior Scientific Affairs Managerin bei avaay Medical begrüßt das Verbot:

„Es war höchste Zeit, dass die Politik reagiert. Der unkontrollierte Verkauf von kaum erforschten Substanzen wie HHC war ein Spiel mit der Gesundheit. Wir raten dringend davon ab, diese Produkte jetzt illegal zu erwerben – nicht nur aus rechtlichen, sondern vor allem aus gesundheitlichen Gründen. Wer Cannabis nutzt, sollte auf geprüfte, medizinisch begleitete Optionen zurückgreifen. Die Datenlage zu HHC ist nicht nur dünn – sie ist brüchig. Und genau darin liegt das eigentliche Risiko.“

Tatsächlich unterscheidet sich medizinisches Cannabis grundlegend von Stoffen wie HHC:

Die Anwendung erfolgt unter ärztlicher Aufsicht, mit klarer Dosierung und Indikation – etwa bei chronischen Schmerzen, Schlafstörungen, Migräne oder gegen Krebsschmerzen. Kurz: Medizinisches Cannabis ist kein Trendprodukt, sondern ein reguliertes Arzneimittel, das man als Cannabispatient:in auf Rezept in Apotheken bekommen kann.

Zwischen Regulierung und Realität

Das Verbot von HHC ist ein notwendiger Schritt – aber keine endgültige Lösung. Es zeigt, wie groß die Lücken im Umgang mit neu auftretenden Substanzen sind – wissenschaftlich, politisch und gesellschaftlich. Solange Cannabinoide wie HHC ohne Standardisierung, Kontrolle und Forschung auf den Markt gelangen, bleibt der Konsum ein riskantes Spiel mit unklaren Folgen.. Die Regulierung mag ein Zeichen sein – die dringend nötige Aufklärung steht noch aus.


FAQ

THC ist der bekannteste Wirkstoff der Cannabispflanze, medizinisch gut erforscht und in Deutschland unter bestimmten Bedingungen legal erhältlich. HHC dagegen ist ein halbsynthetisches Cannabinoid, das im Labor hergestellt wird. Es kann ähnlich wirken – vor allem bei hohem Anteil des Isomers (9R)-HHC – gilt aber als schwächer und unberechenbarer. Die Wirkung vieler Produkte ist kaum vorhersehbar, die Risiken sind unklar. Seit dem 27. Juni 2024 ist HHC in Deutschland verboten. Kurz gesagt: THC ist reguliert und medizinisch einsetzbar – HHC bleibt ein Risiko mit vielen Fragezeichen.
Ja, HHC (Hexahydrocannabinol) ist in Deutschland seit dem 27. Juni 2024 offiziell verboten. Mit der Aufnahme in das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) ist die Herstellung, der Handel sowie die Ein-, Aus- und Durchfuhr von HHC und verwandten Substanzen wie HHC-AC, HHC-H und HHC-P strafbar. Der Besitz und Erwerb sowie Besitz von HHC-Zubereitungen sind ebenfalls verboten. Konsum wird nach dem NpSG nicht ausdrücklich mit Strafe bedroht, aber Besitz verstößt gegen das Gesetz. Allerdings ist der Erwerb durch das Verbot faktisch kaum noch möglich, da der Verkauf untersagt ist. Das Verbot wurde unter anderem aufgrund gesundheitlicher Bedenken und der unzureichenden wissenschaftlichen Erforschung der Substanz erlassen. Die Bundesregierung möchte mit diesem Schritt den Schutz der Bevölkerung und insbesondere von Jugendlichen gewährleisten.
Von HHC kann man high werden – zumindest von einem bestimmten Teil davon. Eine Studie aus 2023 zeigt, dass nur eine der beiden HHC-Formen, das sogenannte (9R)-HHC, eine ähnliche Wirkung wie THC entfalten kann. Die andere Form, (9S)-HHC, wirkt kaum. Da die meisten HHC-Produkte Mischungen aus beiden Formen enthalten – oft ohne klare Kennzeichnung – ist unklar, wie stark die Wirkung tatsächlich ausfällt.[1]
Es ist bislang nicht bekannt, wie lange man von HHC high ist. Studien liefern keine Angaben zur Wirkungsdauer, zum zeitlichen Verlauf oder zur Abbaugeschwindigkeit von HHC im Körper. Zur Frage, wie lange der Rausch anhält, existieren derzeit schlicht keine gesicherten wissenschaftlichen Daten. Die Forschungslage ist extrem dünn – weder beim Menschen noch im Tiermodell liegen aussagekräftige Studien vor. Gerade angesichts der zunehmenden Verbreitung synthetischer Cannabinoide wie HHC ist dringend mehr unabhängige Forschung nötig.
Ein HHC-Vape kann eine THC-ähnliche Wirkung haben – aber nur, wenn der enthaltene Wirkstoff den richtigen Anteil am sogenannten (9R)-HHC-Isomer aufweist. Laut Studien ist nur diese Form von HHC in der Lage, spürbar psychoaktiv zu wirken. Viele Produkte enthalten jedoch eine unbekannte oder stark schwankende Mischung aus (9R)- und dem deutlich schwächeren (9S)-HHC. Ob und wie stark man von einem HHC-Vape also „high“ wird, lässt sich nicht sicher vorhersagen – weil die Zusammensetzung der Wirkstoffe meist nicht transparent oder standardisiert ist.[1]
Ja, HHC ist eine psychoaktive Substanz – und damit per Definition eine Droge. Sie wirkt auf das zentrale Nervensystem, kann das Bewusstsein, die Stimmung und das Verhalten verändern. Laut einer Studie besitzt das sogenannte (9R)-HHC-Isomer eine ähnliche Wirkung wie THC, der Hauptwirkstoff von Cannabis. HHC kann also – je nach Zusammensetzung – berauschend wirken. Allerdings ist HHC medizinisch kaum erforscht, seine Risiken sind unklar, und die Qualität vieler Produkte ist nicht kontrolliert. Seit dem 27. Juni 2024 ist HHC in Deutschland nicht mehr legal im Handel erhältlich – der Besitz bleibt bislang straffrei, der Verkauf jedoch verboten.[1]
HHC kann in gängigen Drogentests nachweisbar sein. Insbesondere Urin-Schnelltests, wie sie häufig im Rahmen von Abstinenzkontrollen verwendet werden, reagieren oft nicht nur auf THC selbst, sondern auch auf bestimmte Abbauprodukte, die strukturell mit THC verwandt sind. Da HHC im Körper ähnlich verstoffwechselt wird, kann es bei diesen Tests mit erfasst werden – selbst wenn kein THC konsumiert wurde. Kurz: Wer HHC konsumiert, riskiert ein positives THC-Testergebnis.

Quellen

[1] Nasrallah, D. J., & Garg, N. K. (2023). Studies pertaining to the emerging cannabinoid hexahydrocannabinol (HHC). ACS Chemical Biology, 18(9), 2023–2029.

Wie gefährlich ist Cannabis-Passivrauchen?

Über den süßlich-scharfen Duft von Cannabis streiten sich die Geister. Die einen empfinden ihn als Freiheit, die anderen als Zumutung. Doch jenseits von Vorlieben und Abneigungen stellt sich eine zunehmend drängende Frage: Was passiert eigentlich mit jenen, die nur danebensitzen?


Key Facts


Ungewollter Rausch: Macht Passivrauchen von Cannabis "high"?

Es ist eine Szene, wie sie in vielen deutschen Städten seit der Teillegalisierung von Cannabis im Frühjahr 2024 alltäglich geworden ist: ein Park, eine Gruppe junger Menschen, Musik aus einer Bluetooth-Box, der "Joint" kreist. Einige ziehen daran, andere nicht. Doch was, wenn auch die Letzteren – unbeteiligt, aber umgeben vom Dunst – am Ende ebenfalls Wirkstoffe im Blut haben?

Die Frage nach dem Passivkonsum von Cannabis ist nicht neu, doch sie gewinnt unter neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen an Brisanz. Während Tabakrauch seit Jahren aus Innenräumen und öffentlichen Plätzen verbannt wird, ist Cannabiskonsum im Freien unter bestimmten Auflagen nun legal. Und damit steht im Raum: Gilt für THC das Gleiche wie für Nikotin? Oder ist das Passivrauchen von Cannabis bloß ein aufgebauschtes Risiko?

Infografik Cannabis Passivrauchen: Risiko eines

"Passivkiffen": Cannabis-Experte stuft Risiko für Rausch als gering ein

Wie wahrscheinlich ist es, durch das Einatmen von Cannabisrauch ungewollt berauscht zu werden? Der Cannabis-Experte Prof. Dr. Bernd Werse, Direktor des Instituts für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences, hält dieses Risiko für eher gering – zumindest unter üblichen Bedingungen.

Entscheidend sei, so Werse im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, wie viel Cannabis in der Umgebung tatsächlich konsumiert werde. Ein einzelner "Joint" in einer Kneipe dürfte demnach kaum spürbare Effekte auf Umstehende haben. Anders sehe es aus, wenn man sich längere Zeit in einem kleinen, geschlossenen Raum aufhalte, in dem viele "Joints" gleichzeitig kursieren. Dann könne auch bei Umstehenden eine gewisse Rauschwirkung eintreten.

Insgesamt aber bewertet der Experte die Gefahr als wenig gravierend. Im Freien bestehe sie seiner Einschätzung nach „quasi überhaupt nicht“.[1]

Bereits 2010 hatte ein Experiment der Universitäten Mainz und Jena ähnliche Schlüsse nahegelegt: Acht nicht konsumierende Proband:innen hielten sich mehrere Stunden in einem niederländischen Coffeeshop auf – ohne dass ihre THC-Werte im Blut nennenswert anstiegen.[2]

Einzelbeobachtungen wie diese liefern wertvolle Hinweise. Doch wie belastbar ist die Datenlage insgesamt? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit passives Mitrauchen tatsächlich zu einer messbaren Aufnahme von THC führt – und wie groß ist dieses Risiko in der Praxis?

Kann man passiv „high“ werden? Das sagt die Wissenschaft.

Die Vorstellung, allein durch das Einatmen von Cannabisrauch in einen Rauschzustand zu geraten, klingt für viele wie ein Party-Mythos. Doch die wissenschaftliche Evidenz zeigt: Ganz auszuschließen ist es nicht.

Eine systematische Übersichtsarbeit aus 2016 wertete 21 kontrollierte Studien aus, in denen abstinente Personen gezielt Cannabisrauch ausgesetzt wurden. Das Ergebnis bestätigt im Kern die Einschätzungen von Drogenforscher Bernd Werse: Unter normalen Alltagsbedingungen ist eine Rauschwirkung äußerst unwahrscheinlich. Erst unter extremen Expositionsszenarien – etwa in kleinen, geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen mit starkem, simultanem Konsum hochpotenter Cannabis-Produkte – kann THC in nachweisbaren Mengen aufgenommen werden.

In solchen Situationen beobachteten die Forschenden teils leichte physiologische Veränderungen (z. B. erhöhter Puls), subjektive Empfindungen wie ein leichtes Benommenheitsgefühl sowie geringe Einschränkungen der Reaktionsgeschwindigkeit oder Aufmerksamkeit. Man könnte sagen: Ja, eine milde, kurzfristige Rauschwirkung ist möglich – aber nur unter Bedingungen, die weit von der Alltagssituation im Park entfernt sind.[3]

 Infografik Cannabis Passivrauchen: Studien zeigen nachweisbare THC-Aufnahme und leichte physiologische Veränderungen in Extremszenarien, aber im Alltag minimales Risiko ohne signifikante Auswirkungen.

Cannabis-Rauch in Alltagssituationen: THC kaum nachweisbar

Die Frage ist also weniger, ob es möglich ist, passiv „high“ zu werden – sondern unter welchen Umständen dieses Risiko tatsächlich realistisch ist. Und genau hier liefern die Studien eine beruhigende Antwort.

In Alltagssituationen – etwa wenn man in einem gut durchlüfteten Raum sitzt, in dem jemand "kifft", oder im Freien an einem "Joint" vorbeigeht – ist das Risiko laut Studienlage äußerst gering bis ausgeschlossen. Die THC-Konzentration in der Raumluft sinkt durch Luftzirkulation sehr schnell ab und der Körper nimmt nur Bruchteile jener Wirkstoffmenge auf, die für eine spürbare Cannabis-Wirkung notwendig wäre. Auch die Dauer der Exposition spielt eine Rolle: Kurzer Kontakt reicht nicht aus, um einen „High“-Zustand auszulösen.

Moderne Messmethoden zeigen zudem: Die Mengen an THC, die bei passiv Mitrauchenden im Blut oder Urin nachweisbar sind, liegen in aller Regel weit unter den Werten, die auf eigenen Konsum hindeuten würden.[3]

Passivrauchen von Cannabis: Vorsicht beim Autofahren

Interessant ist: Selbst bei passiver Aufnahme könnte es zu juristischen Komplikationen kommen – etwa bei Drogentests im Straßenverkehr, im Arbeitsumfeld oder im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Die Studie zeigte: Wer sich längere Zeit in stark verrauchten Räumen aufhält, kann im Urin tatsächlich Abbauprodukte von THC aufweisen. Meist sind die Werte zwar so niedrig, dass sie unterhalb der offiziellen Grenzwerte bleiben – doch bei besonders starkem Rauch und fehlender Belüftung kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass der Schwellenwert überschritten wird. [3]

Cannabis-Passivrauchen schadet der Gesundheit – vor allem von Kindern

Während Erwachsene die Frage nach dem Passivrausch meist mit einem Schulterzucken beantworten, ist sie für Kinder von weit größerer Tragweite. Denn ihr Körper ist empfindlicher, ihre Organe entwickeln sich noch, und sie verbringen den Großteil ihrer Zeit in Innenräumen. Was bedeutet es also, wenn zu Hause Cannabis in Form von "Joints" konsumiert wird?

Eine Studie aus Kalifornien liefert erstmals klare Hinweise. Forschende untersuchten 275 Kinder, im Schnitt gerade einmal dreieinhalb Jahre alt. Sie nahmen Urinproben und verglichen die Ergebnisse mit den Angaben der Eltern. Das Resultat ist eindeutig: In Haushalten, in denen Cannabis in den vergangenen sieben Tagen in den eigenen vier Wänden geraucht wurde, war die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder THC-Rückstände im Körper hatten, fünfmal so hoch wie in rauchfreien Wohnungen.

Mehr als ein Viertel aller untersuchten Kinder wies messbare Cannabinoide im Urin auf – auch wenn die Mengen gering waren. Mit jedem zusätzlichen Rauchen im Haushalt stieg die Wahrscheinlichkeit einer Belastung. Das bedeutet: Kinder atmen den Rauch nicht nur ein, sie nehmen ihn körperlich auf.

Die gesundheitlichen Folgen sind noch nicht abschließend erforscht. Doch die Parallelen zum Tabak sind unübersehbar. Cannabisrauch enthält wie Zigarettenrauch feine Partikel, Kohlenmonoxid und krebserregende Stoffe. Für kleine Kinder, deren Atemwege enger und deren Immunsystem unausgereifter sind, kann das besondere Risiken bergen – von Atemwegserkrankungen bis zu einer möglichen Beeinträchtigung der Entwicklung.

Die Konsequenz, die die Autor:innen der Studie ziehen, ist ebenso einfach wie unbequem: Der wirksamste Schutz für Kinder ist ein striktes Rauchverbot in Innenräumen – unabhängig davon, ob Tabak oder Cannabis konsumiert wird.[4]

Passivrauchen: Cannabis kann auch für Haustiere zum Problem werden

Nicht nur Kinder sind ungewollt dem Rauch ausgesetzt – auch Haustiere können in Gefahr geraten, wenn in der Wohnung Cannabis geraucht wird. Anders als Erwachsene können sie sich dem Qualm nicht entziehen. Hunde und Katzen verbringen den Großteil ihrer Zeit in Innenräumen, viele dicht an ihren Besitzer:innen. Ihr kleiner Körper, ihre schnelle Atmung und ihr instinktives Putzen machen sie besonders anfällig: Was sich im Fell niederschlägt, gelangt beim Säubern direkt ins Maul.

Ein Fall aus Polen verdeutlicht, wie ernst die Folgen sein können. Dort wurde eine sechs Jahre alte Perserkatze mit ungewöhnlichen Symptomen in eine Tierklinik gebracht: Sie wirkte desorientiert, zeigte plötzliche Aggressionsschübe, miaute ununterbrochen und schwankte zwischen Hyperaktivität und apathischem Starren. Erst ein Bluttest brachte Klarheit – im Körper der Katze fanden sich deutliche Mengen von THC und seinen Abbauprodukten. Der Auslöser: Cannabisrauch, den ein Angehöriger der Besitzerin dem Tier aus „Spaß“ ins Gesicht geblasen hatte.

Die Diagnose lautete: Cannabis-Intoxikation durch Passivrauchen. Nach einer Infusionstherapie erholte sich die Katze zwar, doch der Fall macht deutlich, dass auch Tiere Symptome entwickeln können, die einer Vergiftung gleichen: neurologische Störungen, aggressives Verhalten, Fress- und Trinkprobleme. Tiermediziner:innen warnen, dass solche Fälle wahrscheinlich unterschätzt werden – nicht zuletzt, weil die Symptome leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können.

Die Lehre daraus ist eindeutig: Was Menschen schadet, schadet auch Tieren. Wer Cannabis konsumiert, sollte dies nicht in Gegenwart von Haustieren tun – und schon gar nicht als „Scherz“ den Rauch in Richtung des Tieres pusten.[5]

Rücksicht ist der beste Schutz

Ob Kinder oder Tiere – beide können sich dem Rauch nicht entziehen. Sie teilen die Räume mit den Erwachsenen, ohne Wahlmöglichkeit, ohne Stimme. Die Studien zeigen: Was für die einen Genuss oder Entspannung bedeutet, kann für die anderen unbemerkt zur Belastung werden.

Noch fehlen Langzeitstudien, die die Folgen von regelmäßigem Passivkonsum bei Menschen und Tieren umfassend dokumentieren. Doch die Hinweise sind klar genug, um Vorsicht walten zu lassen: THC und andere Verbrennungsprodukte gelangen auch in die Körper derer, die nicht konsumieren – und sie wirken dort.


FAQ

„Passiv stoned“ ist kein wissenschaftlicher Begriff, sondern eher eine umgangssprachliche Formulierung – vergleichbar mit „passiv rauchen“ bei Tabak. Gemeint ist damit der Zustand, dass jemand nicht selbst Cannabis raucht, sondern durch das Einatmen von fremdem Cannabisrauch angeblich ebenfalls „stoned“ oder „high“ wird.
Studien zeigen, dass Cannabisrauch gesundheitsschädliche Substanzen enthält – ähnlich wie Tabakrauch setzt er Feinstaub, Kohlenmonoxid und krebserregende Stoffe frei. Für Cannabis-Patient:innen empfehlen Ärzt:innen deshalb, nicht zu rauchen, sondern auf verdampfte Cannabisblüten (Vaporizer) oder standardisierte Cannabis-Extrakte in Tropfen- oder Kapselform zurückzugreifen.[3,4]
Ja, aber nur unter besonderen Bedingungen. Bei Erwachsenen lassen sich Spuren von THC im Urin nur in Extremszenarien nachweisen – etwa wenn in schlecht belüfteten Räumen mehrere "Joints" gleichzeitig geraucht werden. Deutlich häufiger betroffen sind Kinder: In einer US-Studie fanden Forschende bei 27 Prozent der untersuchten Kinder Cannabinoide im Urin; das Risiko war damit fünfmal höher als in rauchfreien Haushalten. Und selbst bei Haustieren wie Katzen oder Hunden konnten THC und seine Abbauprodukte im Blut nachgewiesen werden, wenn sie regelmäßig Rauch ausgesetzt waren.[3,4]
Wer selbst nicht aktiv Cannabis konsumiert, sondern nur einmalig in eine Situation gerät, in der Cannabis konsumiert wird, hat allenfalls für kurze Zeit Spuren im Körper. Nach wenigen Stunden – spätestens nach ein bis zwei Tagen – sollten diese in der Regel nicht mehr nachweisbar sein.[3] Anders kann es aussehen, wenn die Exposition über längere Zeiträume hinweg erfolgt, etwa bei Kindern, die regelmäßig zu Hause Cannabis-Rauch einatmen. Dort lassen sich Cannabinoide im Urin durchaus länger nachweisen.[4] Genaue wissenschaftliche Daten dazu, wie viele Stunden oder Tage der Nachweis im Einzelfall möglich ist, fehlen allerdings.

Quellen

[1] dpa-infocom (2024): 240402-99-534267/2

[2] Schimmel, I., Drobnik, S., Röhrich, J., Becker, J., Zörntlein, S., & Urban, R. (2010). Passive cannabis exposure under realistic circumstances: A study in a coffee shop. Blutalkohol, 47, 269–274.

[3] Berthet, A., De Cesare, M., Favrat, B., Sporkert, F., Augsburger, M., Thomas, A., & Giroud, C. (2016). A systematic review of passive exposure to cannabis. Forensic Science International, 269, 97–112.

[4] Tripathi, O., Parada, H., Sosnoff, C., et al. (2025). Exposure to secondhand cannabis smoke among children. JAMA Network Open, 8(1), e2455963.

[5] Janeczek, A., Zawadzki, M., Szpot, P., & Niedźwiedź, A. (2018). Marijuana intoxication in a cat. Acta Veterinaria Scandinavica, 60(1), 44.

Cannabis gegen Übelkeit und Erbrechen

Übelkeit und Erbrechen gehören zu den belastendsten Begleitern vieler Erkrankungen. Dort, wo herkömmliche Therapien oft nicht ausreichen, wird Cannabis zunehmend als zusätzliche Option erforscht.


Key Facts


Wenn Übelkeit einen zermürbt

Übelkeit – manchmal überfällt sie einen so plötzlich und gnadenlos wie ein stechender Schmerz oder ein Fieberanfall. Doch meist ist sie ein zähes, schmerzhaftes Gefühl, das sich über Stunden, Tage oder gar Jahre hinweg zieht und die Betroffenen unaufhörlich zermürbt.

Für viele Krebspatient:innen, die sich im Rahmen ihrer Erkrankung einer Chemotherapie unterziehen, ist nicht das Erbrechen das größte Leid, sondern die Übelkeit, die Tage anhält, den Appetit zerstört und selbst die kleinsten Dinge unerträglich macht. Moderne Medikamente haben das akute Erbrechen zwar weitgehend in den Griff bekommen – die Übelkeit selbst bleibt aber bei vielen bestehen. Genau hier könnte Cannabis helfen.

CBD und THC gegen Übelkeit und die Rolle des Endocannabinoid-Systems

Das Endocannabinoid-System ist ein körpereigenes Netzwerk von Botenstoffen und Rezeptoren, das Appetit, Schmerz, Entzündungen – und auch die Regulation von Übelkeit und Erbrechen beeinflusst. Cannabinoide wie THC und CBD docken an diesem System an.

Eine Studie aus 2011 zeigt, dass THC über CB1-Rezeptoren im Hirnstamm Erbrechen hemmen kann. Umgekehrt können Substanzen, die CB1-Rezeptoren blockieren, Übelkeit und Erbrechen fördern.[1] Besonders bemerkenswert: Cannabinoide können nicht nur gegen akutes Erbrechen wirken, sondern auch gegen verzögerte und antizipatorische Übelkeit, also das quälende Gefühl, das zum Beispiel Tage nach der Chemotherapie auftritt oder schon durch Gerüche ausgelöst wird.[1]

CBD hingegen wirkt über einen anderen Mechanismus. Es kann indirekt Serotonin-1A-Rezeptoren aktivieren, was die Freisetzung von Serotonin im Gehirn reduziert – einem Botenstoff, der wesentlich zur Entstehung von Übelkeit beiträgt.[1]

Infografik Cannabis gegen Übelkeit: Darstellung, wie THC über CB1-Rezeptoren Erbrechen hemmen kann und CBD über Serotonin-1A-Rezeptoren die Serotonin-Freisetzung reduziert und dadurch Übelkeit lindern kann.

Was Tierversuche über Übelkeit verraten

Tiermodelle haben den Weg bereitet. Bei Frettchen, Katzen oder Wieseln unterdrücken Cannabinoide Erbrechen zuverlässig.[1] Ratten können physiologisch nicht erbrechen, zeigen aber ein charakteristisches Würgereflex-Verhalten („gaping“), wenn ihnen übel ist. Auch dieses kann durch THC und CBD reduziert werden.[1]

Das bedeutet: Cannabinoide können nicht nur auf das sichtbare Symptom des Erbrechens wirken, sondern auch auf die schwerer greifbare, oft belastende Übelkeit selbst.

Was frühe Studien mit Patienten ergaben

Die klinische Forschung zur Anwendung von Cannabis gegen Chemotherapie-induzierte Übelkeit reicht bis in die 1970er-Jahre zurück. Präparate wie Dronabinol (synthetisches THC) und Nabilon wurden eingeführt, lange bevor modernere Medikamente auf den Markt kamen. Studien zeigen, dass diese Cannabinoide mindestens so wirksam waren wie damalige Standardtherapien, allerdings oft mit Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel oder psychischen Belastungen.[1]

Eine Übersichtsarbeit von 2020 bestätigt, dass Cannabinoide eine Rolle in der Behandlung spielen können – insbesondere dann, wenn andere Medikamente keine oder kaum Wirkung zeigen. Sie betont aber auch die Grenzen der Datenlage: Viele Studien sind klein, uneinheitlich und methodisch schwach.[2] Unklar bleibt bis heute, welche Darreichungsform – Kapseln, Tropfen, Inhalation – am besten wirkt.

Cannabinoide gegen Übelkeit: Neue Ergebnisse aus 2024

Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2024 liefert neue klinische Daten. Darin erhielten 147 Krebspatient:innen, die trotz optimaler Standardtherapie weiterhin unter Übelkeit und Erbrechen litten, entweder ein Cannabisextrakt (2,5 mg THC + 2,5 mg CBD, dreimal täglich) oder ein Placebo.

Das Ergebnis: Die Rate einer „kompletten Response“ (kein Erbrechen, keine Notfallmedikamente nötig) stieg von 8 % (Placebo) auf 24 % (THC:CBD) – ein Unterschied von 16 Prozentpunkten.[3] Auch andere Messungen – weniger Erbrechen, geringerer Bedarf an Zusatzmedikamenten, bessere Werte in Lebensqualitätsfragebögen – fielen zugunsten des Cannabisextrakts aus.[3]

Die Negativseite: Sedierung (18 %), Schwindel (10 %) und kurzfristige Angstzustände (4 %) traten häufiger auf als unter Placebo. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden jedoch nicht beobachtet.[3]

Infografik Cannabis gegen Übelkeit: Vorteile sind mögliche Wirksamkeit, wenn andere Medikamente versagen, und eine alternative Behandlung. Nachteile sind begrenzte Daten, kleine Studien und unklare Darreichungsformen.

Risiken: Nebenwirkungen und Cannabis-Hyperemesis-Syndrom

Cannabis ist kein nebenwirkungsfreies Mittel. Eine besondere Gefahr ist das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS), ein paradoxes Phänomen, bei dem langjähriger, hochdosierter Konsum selbst zu schweren, anhaltenden Brechattacken führt.[2] Typisch ist ein zwanghaftes heißes Duschen, das die Beschwerden lindern soll.

Auch psychische Nebenwirkungen sind möglich – von Schwindel und Benommenheit bis hin zu Angstzuständen. Besonders kritisch ist der Einsatz in der Schwangerschaft, da Hinweise auf Risiken für das ungeborene Kind bestehen.[2]

Chancen und Grenzen im Überblick

Cannabis ist weder Wundermittel noch Randnotiz. Es ist ein hochwirksamer Eingriff in die Biochemie des Körpers, der dort helfen kann, wo die moderne Pharmakologie bislang scheitert: bei Übelkeit und Brechreiz, die durch andere Medikamente nicht in den Griff zu bekommen sind. Zugleich bringt es eigene Risiken und Unsicherheiten mit sich.

Für die Praxis bedeutet das: Cannabisextrakte wie die Kombination aus THC und CBD können als Ergänzung in Erwägung gezogen werden – vor allem bei Patient:innen, die trotz der Behandlung mit Medikamenten weiter leiden.[3]

Die Forschung steht an einem Scheideweg: Entweder Cannabis etabliert sich als festes Instrument im onkologischen Werkzeugkasten – oder es bleibt eine Nischenoption für Ausnahmesituationen. Entscheidend wird sein, ob weitere Studien den Nutzen bestätigen, die optimale Dosierung klären und die Risiken verlässlich eingrenzen können.


FAQ

Dazu gibt es bislang keine Belege aus Studien. Die Forschung zu Cannabis gegen Übelkeit konzentriert sich fast ausschließlich auf Chemotherapie-bedingte Beschwerden. Zwar kann Cannabis grundsätzlich auf das Brechzentrum im Gehirn wirken und könnte theoretisch auch bei Übelkeit durch Infekte lindern – doch untersucht wurde das bisher nicht. Wichtig zu wissen: Cannabis bekämpft die Ursache eines Magen-Darm-Infekts nicht, sondern könnte allenfalls die Symptome abschwächen.
Dazu gibt es keine allgemeingültige Dosierung. In Studien zu Chemotherapie-bedingter Übelkeit kamen meist sehr niedrige Dosen zum Einsatz. Die aktuellste Untersuchung (2024) nutzte Kapseln mit 2,5 mg THC + 2,5 mg CBD, dreimal täglich – also insgesamt 7,5 mg THC pro Tag. Ältere Studien testeten auch höhere Mengen (5–15 mg THC pro Tag), die zwar wirksam waren, aber deutlich mehr Nebenwirkungen verursachten. Grundsätzlich gilt: Schon geringe Mengen könnten helfen, aber die Verträglichkeit ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Wichtig: Die richtige Dosierung sollte immer individuell festgelegt werden – bitte sprich darüber unbedingt mit deinem behandelnden Arzt oder deiner behandelnden Ärztin.
Das körpereigene Endocannabinoid-System beeinflusst auch den Darm: Wird es aktiviert, kann sich die Darmbewegung verlangsamen – theoretisch könnte das Durchfall lindern. Erste Hinweise gibt es bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, wo Cannabis in Studien Symptome wie Bauchschmerzen und Stuhlfrequenz verbessern konnte.[2] Für akute Durchfälle, etwa bei einem Magen-Darm-Infekt, gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Belege. Cannabis bekämpft die Ursache (z. B. Viren oder Bakterien) nicht, sondern könnte höchstens Symptome beeinflussen.
Cannabis kann in niedrigen Dosen Übelkeit lindern – in höheren Mengen aber das Gegenteil bewirken. Gründe dafür sind eine Überstimulation der CB1-Rezeptoren, individuelle Empfindlichkeit oder die Art des Konsums, etwa sehr starke Sorten oder schnelles Rauchen. Auch Faktoren wie leerer Magen, Mischkonsum mit Alkohol oder Stress können Übelkeit verstärken. Bei sehr regelmäßigem Konsum kann zudem das Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom (CHS) entstehen, das mit wiederkehrender starker Übelkeit und Erbrechen verbunden ist.[1,2] Kurz gesagt: Ob Cannabis Übelkeit lindert oder auslöst, hängt von Dosis, Häufigkeit und individueller Reaktion ab.
Solche Symptome treten häufig auf, wenn die Dosis zu hoch war oder Cannabis mit Alkohol oder Nikotin kombiniert wurde. In den meisten Fällen hilft es, den Konsum sofort zu beenden, viel Wasser zu trinken, Ruhe zu suchen und sich auszuruhen. Wichtig: Wenn die Beschwerden stark sind, sich wiederholen oder mit dauerhaftem Erbrechen verbunden sind, solltest du unbedingt ärztliche Hilfe suchen.
Bei gelegentlichem oder ärztlich kontrolliertem Gebrauch sind Magenprobleme selten. Bei täglichem, langjährigem Konsum kann Cannabis jedoch selbst Beschwerden auslösen. Besonders bekannt ist das Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom (CHS): wiederkehrende starke Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Zudem kann Cannabis die Magenentleerung verlangsamen, was Völlegefühl oder Appetitlosigkeit begünstigt.[1,2] Kurz gesagt: Ja, regelmäßiger Konsum kann Magenprobleme hervorrufen – vor allem bei hohem und langfristigem Gebrauch.

Quellen

[1] Parker, L. A., Rock, E. M., & Limebeer, C. L. (2011). Regulation of nausea and vomiting by cannabinoids. British Journal of Pharmacology, 163(7), 1411–1422.

[2] Maselli, D. B., & Camilleri, M. (2021). Pharmacology, clinical effects, and therapeutic potential of cannabinoids for gastrointestinal and liver diseases. Clinical Gastroenterology and Hepatology, 19(9), 1748–1758.e2.

[3] Grimison, P., Mersiades, A., Kirby, A., Tognela, A., Olver, I., Morton, R. L., Haber, P., Walsh, A., Lee, Y., Abdi, E., Della-Fiorentina, S., Aghmesheh, M., Fox, P., Briscoe, K., Sanmugarajah, J., Marx, G., Kichenadasse, G., Wheeler, H., Chan, M., … Stockler, M. R. (2024). Oral cannabis extract for secondary prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting: Final results of a randomized, placebo-controlled, phase II/III trial. Journal of Clinical Oncology, 42(34), 4040–4050.

Cannabis legal kaufen

Cannabis ist in Deutschland inzwischen legal – aber nicht überall und nicht in jeder Form. Wer Cannabis kaufen möchte, sollte die erlaubten Wege kennen.


Key Facts


Cannabis-Legalisierung: ein politischer Balanceakt

In Kanada oder in Teilen der USA ist der Gang in den Cannabis-Shop längst Alltag. Wer dort konsumieren möchte, zeigt seinen Ausweis, zahlt an der Kasse – fertig. Deutschland hat sich für einen anderen Weg entschieden: Die Teillegalisierung im Frühjahr 2024 war ein politischer Balanceakt. Cannabis ist erlaubt, aber nicht überall, und schon gar nicht frei verkäuflich. Wer sich orientieren will, stößt schnell auf ein Dickicht aus Regeln, Ausnahmen und Grauzonen.

 Infografik Cannabis legal kaufen: Drei Wege in Deutschland – medizinisches Cannabis auf Rezept, Cannabis Social Clubs für gemeinschaftlichen Anbau und Eigenanbau mit bis zu drei Pflanzen pro Haushalt.

Im Kern gibt es drei Wege, Cannabis legal zu erwerben – und einen, der nach wie vor verboten bleibt. Für Cannabis-Patient:innen ist der wichtigste Zugang das ärztliche Cannabis-Rezept: Nur so lassen sich geprüfte Cannabisblüten oder Cannabis-Extrakte in der Apotheke beziehen. Freizeitnutzer:innen haben seit 2024 zwar mehr Freiheiten, doch ihr Zugang ist auf Cannabis Social Clubs oder den Eigenanbau beschränkt. Ein freier Verkauf in Shops – und erst recht der Schwarzmarkt – bleibt weiterhin tabu.

1) Der sichere Weg: Medizinisches Cannabis

Seit 2017 ist Cannabis in Deutschland als Arzneimittel zugelassen. Für viele Patient:innen mit chronischen Schmerzen, neurologischen Erkrankungen oder therapieresistenten Beschwerden bedeutete das einen Wendepunkt: Endlich durften Ärzt:innen Cannabis verschreiben – als Cannabisblüten oder in Form von standardisierten Cannabis-Extrakten, die in Apotheken erhältlich sind.

Doch so richtig einfach ist der Zugang zur Cannabis-Therapie bis heute nicht. Manche Ärzt:innen zögern mit der Verschreibung, nicht jede Apotheke führt alle Cannabis-Produkte und Krankenkassen verweigern immer wieder die Kostenübernahme. Trotz dieser Hürden bleibt das Cannabis-Rezept der einzig verlässliche und legale Weg, Cannabis zu kaufen. Mit einer gültigen Verordnung dürfen Patient:innen bis zu 100 Gramm pro Monat aus Apotheken beziehen – geprüft, standardisiert und damit sicher in Qualität und Reinheit.

Mit Cannabis-Rezept: Cannabis-Blüten online kaufen

Zunehmend nutzen Patient:innen die Möglichkeit, ihr Cannabis-Rezept online über Telemediziner zu erhalten. Nach einer ärztlichen Konsultation – oft unterstützt durch einen Online-Fragebogen – wird das Cannabis-Rezept bei Eignung ausgestellt. Das medizinische Cannabis wird oft direkt über Partner-Versandapotheken an die Patient:innen verschickt. Vorteil: Wartezeiten bei Fachärzt:innen und lange Wege zur Apotheke lassen sich so umgehen.

Live-Bestand in der Telemedizin: Überblick für Cannabispatienten

Ein praktisches Feature vieler Telemedizin-Anbieter ist der Live-Bestand von Cannabisblüten: Patient:innen können in Echtzeit sehen, welche Sorten in Partner-Apotheken aktuell verfügbar sind – mit Angaben zu THC- und CBD-Gehalt. Diese Übersicht dient vor allem dazu, Wünsche zu äußern und die Versorgung besser zu planen. Welche Sorte letztlich verschrieben wird, entscheidet jedoch immer die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt.

Unser Tipp: Mehr zum Thema Cannabis als Medizin und warum wir gesamtgesellschaftlich dringend offener und anders darüber sprechen sollten, liest du in unserem Artikel "Cannabis neu gedacht".

2) Der neue Weg: Cannabis kaufen in Cannabis Social Clubs

Mit der Teillegalisierung im April 2024 wurde auch das Modell der Cannabis Social Clubs (Anbauvereinigungen) eingeführt. Seit Juli 2024 dürfen sich Erwachsene in nicht-kommerziellen Vereinen zusammenschließen – das offizielle Angebot für Freizeitnutzer:innen. Bis zu 500 Mitglieder sind erlaubt, pro Person sind bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat möglich.

Wichtig: Es handelt sich im klassischen Sinne nicht um Verkauf. Vielmehr wird das Cannabis gemeinschaftlich angebaut und in festgelegten Mengen abgegeben. Der Begriff „Abgabe“ trifft es besser als „Verkauf“ – denn die Clubs sind nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern arbeiten gemeinnützig und decken ihre Kosten allein durch Mitgliedsbeiträge und Abgaben.

3) Eigenanbau: Cannabis zu Hause pflanzen

Neben den Cannabis Social Clubs ist auch der private Anbau erlaubt. Erwachsene dürfen bis zu drei weibliche Cannabispflanzen pro Haushalt ziehen, allerdings nur für den Eigenbedarf. Eine Weitergabe oder ein Verkauf ist nicht gestattet und die Cannabispflanzen müssen so gesichert werden, dass sie nicht in die Hände Dritter gelangen. Die dafür nötigen Cannabissamen können in Deutschland legal erworben werden.

Für Freizeitnutzer:innen eröffnet das die Möglichkeit, Cannabis selbst anzubauen und dabei Sorten und Anbaumethoden frei zu wählen. Patient:innen hingegen profitieren davon weniger: Für medizinische Behandlungen ist weiterhin ausschließlich standardisierte und geprüfte Apothekenware vorgesehen, da hier Qualität, Wirkstoffgehalt und Reinheit garantiert sein müssen.

Der illegale Weg: Schwarzmarkt

Was bleibt, ist der Weg, den es immer schon gab – und der bleibt illegal. Wer Cannabis auf der Straße kauft, riskiert nicht nur Strafen, sondern auch seine Gesundheit. Die Qualität ist ungewiss, gestrecktes Cannabis keine Seltenheit. In einer legalisierten Gesellschaft wirkt dieser Weg mehr denn je wie ein Relikt vergangener Zeiten.

Worauf es wirklich ankommt: Qualität und Beratung

Egal, ob medizinisch oder als Freizeitkonsument: Entscheidend ist die Qualität. Nur zertifizierte Produkte garantieren, dass keine Streckstoffe enthalten sind und der Gehalt an THC und CBD genau dem entspricht, was auf der Packung steht. Für Patient:innen kommt hinzu: Sie brauchen Beratung, abgestimmte Dosierungen, passende Sorten.

Unser Tipp: Du willst mehr zum Thema erfahren? In unserem Artikel "Cannabis kaufen – aber kontrolliert" sprechen wir über Modellprojekte zum regulierten Verkauf.


FAQ

Der Preis für medizinisches Cannabis in deutschen Apotheken liegt in der Regel zwischen rund 5 und 15 Euro pro Gramm. Wie viel genau bezahlt wird, hängt von Sorte, Qualität, Hersteller und Anbaumethode ab.
Medizinisches Cannabis gibt es in Deutschland nur mit ärztlichem Rezept – Apotheken geben es ohne Verordnung nicht ab. Für Freizeitnutzer:innen ist Cannabis seit Juli 2024 jedoch in begrenztem Rahmen auch ohne Rezept legal erhältlich: entweder über Cannabis Social Clubs oder durch den Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen. Ein freier Verkauf in Geschäften oder Apotheken existiert dagegen nicht. Der Kauf auf dem Schwarzmarkt bleibt verboten und riskant.
Ja – über Telemedizin-Anbieter ist es möglich, ein Cannabis-Rezept online zu erhalten. Nach einer digitalen ärztlichen Konsultation, häufig unterstützt durch einen Online-Fragebogen, kann bei entsprechender Indikation ein Rezept ausgestellt werden. Das medizinische Cannabis wird dann über Partner-Versandapotheken direkt nach Hause geliefert oder kann in einer Apotheke vor Ort abgeholt werden. Wichtig: Die Verschreibung erfolgt immer durch eine Ärztin oder einen Arzt, nicht automatisch.
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